Repräsentative Beispiele für funktionierendes Miteinander
Prof. Dr. Michael Schäfer ist bekanntermaßen ein Befürworter kommunalwirtschaftlicher Leistungserbringung, vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge. Zusammen mit Ludger Rethmann schreibt er derzeit an einem Buch zum Thema Öffentlich-Private Partnerschaften. Das Projekt soll u.a. zeigen, dass gerade gemeinwirtschaftliche Unternehmen in den meisten Fällen sehr gut funktionieren. ÖPP sei mitnichten nur eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen, so der ehemalige Professor für Kommunalwirtschaft. Wie er das Miteinander von Kommunal- und Privatwirtschaft sieht, erfuhren wir im Interview.
Haben Sie Ihre Meinung zur Mitwirkung Privater an der Leistungserbringung auf dem Feld der Daseinsvorsorge geändert?
Prof. Dr. Schäfer: Die Mitwirkung Privater an der kommunalen Daseinsvorsorge ist schon wegen der objektiv determinierten Arbeitsteilung in unserem Wirtschaftssystem zwingend. Im Rahmen solcher Kooperationen spielen gemischtwirtschaftliche Unternehmen eine herausgehobene Rolle. Ich plädiere dafür, dass dort die Kommunen eine Mehrheit, also mindestens 51 Prozent, halten. Das sehe ich so seit ich über die Frage nachdenke. Das Prinzip dazu lautet: Wer die Verantwortung hat, und das sind immer die Kommunen, sollte auch bei der Leistungserbringung mitwirken.
Welche Rolle wird die Privatwirtschaft dann im Bereich der Daseinsvorsorge langfristig spielen?
Prof. Dr. Schäfer: Der Kanon der Daseinsvorsorge ist dynamisch. Das, was neu hineinkommt, Beispiel Breitbandversorgung, ist mit höheren Know-how-Anforderungen verbunden. Dieser Bedarf ist überall, von der Energie über die Entsorgung bis zum Wasser. Will die Kommunalwirtschaft ihr Markenzeichen, die Nähe zum Menschen, bewahren – das wird bei aller Digitalisierung sogar noch wichtiger –, muss sie deutlich stärker kooperieren. Untereinander und genauso mit der Privatwirtschaft. Die Privaten mit ihrem zumeist sehr großen Spezial-Know-how sind für ein hohes Niveau der Daseinsvorsorge unverzichtbar. Solche Kompetenzen können die zumeist kleinen kommunalen Unternehmen nicht komplett vorhalten. Perfekte Kreislaufwirtschaft etwa kann ich mir ohne Öffentlich-Private Partnerschaften schlicht nicht vorstellen.
Was erhoffen Sie sich langfristig von dem gemeinsamen Buchprojekt?
Prof. Dr. Schäfer: Kommunale Unternehmen existieren in einer vom Privateigentum geprägten Welt. Deshalb ist das Miteinander ein objektives Erfordernis. Daraus folgt: weg mit den ideologischen Scheuklappen. Wenn die auch unterschiedlichen Interessenlagen zum gegenseitigen Vorteil austariert werden und das Gebot unbedingter Transparenz beachtet wird, kann Kooperation segensreich für beide Seiten sein, und das sogar sehr langfristig. Das muss sachlich und pragmatisch diskutiert werden. Eine solche Kultur wollen wir befördern.
Prof. Dr. Michael Schäfer
Professor Dr. Michael Schäfer, geboren 1952 in Weimar, lehrte bis 2018 an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde das Fach Kommunalwirtschaft. Er war der Initiator des deutschlandweit einzigen Masterstudiengangs Kommunalwirtschaft. Zudem ist er Herausgeber der Fachzeitschrift UNTERNEHMERIN KOMMUNE und Autor des ersten Standardwerks zur Kommunalwirtschaft.
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