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25. Juni 2024

Die zwei Gesichter des Wassers

Ohne Wasser kein Leben, aber zu wenig oder zu viel Wasser kann Lebensräume auch zerstören. Die Infrastruktur hinkt hinterher – es gibt viel zu tun!

Bei der Flutkatastrophe des Jahres 2021 starben in Westeuropa über 220 Menschen, davon mindestens 188 in Deutschland und 41 in Belgien. Das Hochwasser war gemessen an der Opferzahl die schwerste Naturkatastrophe in Deutschland seit der Sturmflut 1962.

In den unmittelbar betroffenen Ländern machten die riesigen Schäden enorme Hilfs- und Rettungsmaßnahmen nötig. Die Münchener Rück, die weltweit führende Rückversicherungsgesellschaft, schätzte den entstandenen Schaden auf 46 Milliarden Euro, davon allein 33 Milliarden Euro in Deutschland. Damit handelt es sich nach Schadenssumme um die weltweit zweitteuerste Naturkatastrophe des Jahres 2021. Nur Hurrikan Ida hatte im gleichen Jahr noch größere Schäden angerichtet.

Wetterexperten auf der ganzen Welt sind sich weitestgehend einig, dass mit Extremwetterereignissen wie extremer Hitze, Dürren, Extremniederschlägen und außergewöhnlich starken Tropenstürmen wegen der menschengemachten globalen Erwärmung weltweit zunehmend häufiger zu rechnen ist. Eine Vielzahl von Klimaforschern und IPCC-Autoren wie Stefan Rahmstorf, Friederike Otto, Sonia Seneviratne, Reto Knutti und Ed Hawkins, aber auch Meteorologen wie Özden Terli, Karsten Schwanke, Sven Plöger und Andreas Friedrich nennen daher den Klimawandel als wesentlichen begünstigenden und verstärkenden Faktor für schwere Unwetter. Durch die bisher ungewohnte Intensivierung des Wasserkreislaufs werden derartige Ereignisse auch in Zukunft wahrscheinlicher, länger und extremer, ergänzte der Hydrologe Bruno Merz. Auch der Deutsche Wetterdienst veröffentlichte nach der Ahrtalflut einen Bericht zu dem ursächlichen Wetterereignis, in welchem er gleichfalls eine klimatologische Einschätzung liefert.

Für die Entstehung von Hochwasser ist insbesondere von Bedeutung, dass wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen kann, das früher oder später wieder abregnen muss. In Kombination mit einem weiteren Effekt der Erderwärmung führt dies zu einer signifikanten Häufung einer in unseren Breiten bislang nicht beobachteten Ungleichverteilung der Niederschlagsmengen. Dieser zweite Effekt ist die zeitweise Schwächung des Jetstream. Durch die Verlangsamung dieses Starkwindbandes in der oberen Troposphäre in acht bis zwölf Kilometern Höhe verharren Wetterlagen wie Hochs oder Tiefs lange Zeit weitgehend am selben Ort, anstatt weiterzuziehen. Dies verschärft ihrer regionalen Auswirkungen, beispielsweise Starkregenereignisse, aber auch Hitzewellen und lange Dürreperioden. Laut einer 2021 in der Zeitschrift „Geophysical Research Letters“ publizierten Studie sind Unwetter mit ernsten Folgen bei fortschreitendem Klimawandel aufgrund der langsamen Bewegung und hohen Sättigung der Tiefdruckgebiete in Europa um ein Vielfaches häufiger zu erwarten.

Investitionen für das intelligente Wassermanagement der Zukunft

Die Amplituden bei Niederschlägen werden also extremer, zu viel oder zu wenig Wasser eher die Norm als die Ausnahme. Dass im langjährigen Mittel die durchschnittliche Niederschlagsmenge in etwa gleich bleibt, mag tröstlich sein, zeigt aber auch, welche besonderen Anforderungen an die Wasserinfrastruktur der Zukunft gestellt werden. Es gilt zum einen, eine stabile Wasserversorgung in Zeiten von Trockenheit oder längeren Dürreperioden zu gewährleisten. Zum anderen muss die Infrastruktur in Kommunen und Landkreisen in die Lage versetzt werden, auch mit extremen Niederschlägen fertig zu werden. Und das kann nicht nur bedeuten, die Wassermengen ohne Verlust von Menschenleben und Schäden an Gebäuden sicher in den nächstgrößeren Fluss abzuleiten. Vielmehr sollten neben Investitionen in eine effizientere Nutzung zusätzliche Speicherkapazitäten für das situationsbedingt überschüssige Trinkwasser geschaffen werden. Damit ließe sich die nächste zu erwartende Dürreperiode besser überbrücken.

Ideen und Konzepte hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben. So hatte man nach großen Überschwemmungen im Ahrtal im Jahr 1910 Pläne für eine verbesserte Wasserführung, zusätzliche Abwasserkanäle und Speicherbecken in der gefährdeten Region erarbeitet. Leider wurden die dafür vorgesehenen Mittel dann aber in den Bau der Rennstrecke Nürburgring gesteckt. Die Wasserinfrastruktur im Ahrtal blieb weitgehend unverändert, mit den bekannten Konsequenzen 111 Jahre später.

Heute ist klar, dass die Infrastruktur für Wasserversorgung und Abwasserbehandlung an vielen Orten einer Generalüberholung bedarf. Und dazu sind erhebliche Investitionen nötig. Wurden im Jahr 2007 lediglich 1,96 Milliarden Euro in die öffentliche Wasserversorgung investiert, waren es im Jahr 2021 bereits rund 3,4 Milliarden Euro. Ohne Hilfe durch private Investoren kann diese Herkulesaufgabe nicht bewältigt werden.

Die passende Infrastruktur für die Daseinsvorsorge zur Verfügung zu stellen ist Aufgabe der öffentlichen Hand. Über die notwendigen Investitionen und konkrete Maßnahmen muss in demokratisch gewählten Gremien auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene entschieden werden. Die Herausforderungen sind groß. Die schlechteste Option wäre es allerdings, wenn aufgrund nicht vorhandener öffentlicher Mittel nichts unternommen würde. Denn die prognostizierten Folgekosten für Nichtstun sind astronomisch.

Die Flut im Ahrtal und der Erft im Juli 2021 war mit 33 Milliarden Euro das Extremwetterereignis mit den größten Schäden in der deutschen Geschichte . […]

Die Bundesregierung hat die Kosten unter anderem von dem Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos analysieren lassen und schreibt dazu: „Flusshochwasser und Überschwemmungen durch Starkregen sind bisher die teuersten Extremwetterereignisse in Deutschland. Betroffen hiervon waren nicht nur Gebäude und der Verkehr, sondern auch Industrie, Gewerbe und Lieferketten, deren Schäden seit 2000 mindestens 70 Milliarden Euro umfassten. Sogenannte ,Jahrhunderthochwasser‘ finden zudem immer häufiger statt: 2002 an der Elbe, Donau und Saale, später im Jahr 2013 in weiten Teilen Süd-, Mittel- und Norddeutschlands und 2021 im Ahrtal. Die Flut im Ahrtal und der Erft im Juli 2021 war mit 33 Milliarden Euro das Extremwetterereignis mit den größten Schäden in der deutschen Geschichte. […]

Des Weiteren kommen die ,stillen‘ Extremwetter Hitze und Dürre hinzu. Ihre Folgen werden häufig unterschätzt, daher liegen hier weniger Untersuchungen vor. Die Land-, Wald- und Forstwirtschaft leiden unter den Ereignissen besonders: Hier wird der Schaden beispielsweise am Ertragsverlust von Getreide oder an der Qualität und Verfügbarkeit von Wasser gemessen – letzteres ist insbesondere für den Erhalt des Waldes von hoher Bedeutung. Schätzungen für die Jahre 2018 und 2019 kommen auf etwa 35 Milliarden Euro an Schäden. Auch hier ist der Klimawandel maßgeblich dafür verantwortlich, dass diese Phänomene zugenommen haben.“

Vor diesem Hintergrund ist die volkswirtschaftliche Rechnung bestechend einfach: Solange die Investition in eine angepasste Infrastruktur kleiner ist als die Regulierung der durch den Klimawandel auftretenden Schäden, ist die Investition auch wirtschaftlich sinnvoll. Aber der Bau und Betrieb der Anlagen, die Wartung und Unterhaltung müssen im Wettbewerb vergeben werden, damit die beste Lösung für den besten Preis gefunden und angewendet wird. Hier bietet sich das Modell der Öffentlich-Privaten Daseinsvorsorge an.

Angesichts der unterschiedlichen Qualitäten unserer Böden – in Deutschland, Europa und der Welt – und den zur falschen Zeit am falschen Ort in der falschen Menge fallenden Niederschläge muss auch über ein Ausgleichssystem durch Transporte nachgedacht werden: Rohrleitungssysteme, die aus zu feuchten in zu trockene Gebiete zuvor gespeicherte und gefasste Wassermengen umlenken. Das mag visionär erscheinen, aber der Zeitpunkt für derartige Planungen ist längst gekommen, sonst drohen in spätestens 20 Jahren irreparable Schäden. Insbesondere für aride Gebiete mit sandigen Böden, wie wir sie vor allem in Norddeutschland großflächig vorfinden, braucht es praktikable Lösungen für die Wasserumverteilung. Das ungenutzte Ableiten durch Kanäle ins Meer, wodurch aus wertvollem Niederschlagswasser für den Menschen wertloses Salzwasser gemacht wird, muss beendet werden.

Die Gebietskörperschaften stehen also vor großen Aufgaben. Wenn aufgrund rückläufiger Gewinne in kommunalen Unternehmen der steuerliche Querverbund verloren geht, müssen die Kosten zum Beispiel aus den öffentlichen Bädern, dem ÖPNV und anderen öffentlichen Dienstleistungen zu 100 Prozent kommunal getragen werden, was viele Städte an die Leistungsgrenze führen wird. Daher ist es aus Sicht der Kommunen wichtig, nach den richtigen Partnern Ausschau zu halten, die mit ihrer Kompetenz in der Betriebsführung und Dienstleistung einen Beitrag leisten können, diese schwierigen Aufgaben zu stemmen. Idealerweise sollte es sich dabei um verlässliche Partner handeln, die kommen, um zu bleiben. In vielen Öffentlich-Privaten Daseinsvorsorgepartnerschaften hat die Unternehmensgruppe REMONDIS gezeigt, dass sie kommt, um zu bleiben. In guten und in schlechten Zeiten.

Ludger Rethmann, CEO von REMONDIS, einem der weltweit führenden Unternehmen der Wasser- und Kreislaufwirtschaft, hatte bereits in einem gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Schäfer veröffentlichten Buch den Weg in eine kooperativere Zukunft beschrieben, sieht aber auch die Probleme der Vergangenheit, die es zu überwinden gilt:

„Wer im Bereich der Wasserwirtschaft für mehr Privatisierungen argumentiert, sieht sich unweigerlich mit den großen Negativbeispielen der jüngeren Vergangenheit konfrontiert. Die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe mit garantierten Verzinsungen für die Investoren und der britischen Thames Water und dem Wechsel von einem kommunalen zu einem regionalen privaten Monopol ist aus vielerlei Gründen gescheitert. Zum einen wurde der tatsächliche Investitionsbedarf verkannt oder – schlimmstenfalls – ignoriert, zum anderen scheint das Leitprinzip der Privatisierungen die kurzfristige Gewinnmaximierung zu Gunsten der privaten Anteilseigner gewesen zu sein. Dieser rein private und gewinnorientierte Ansatz hat sich folgerichtig als falsch erwiesen. Aus unserer Sicht ist das einzig gangbare Modell für die Instandsetzung, den Erhalt und den kostengünstigen Betrieb der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur die Öffentlich-Private Daseinsvorsorge auf Basis gemeinsamer kommunal-privater Gesellschaften. Derartige Gesellschaften kooperieren auf Augenhöhe und sind grundsätzlich sehr langfristig angelegt. Genau deshalb sind vor allem leistungsfähige Familienunternehmen wie REMONDIS gefordert, sich mit ihrem Know-how und ihrem Kapital verstärkt zu engagieren, um die Wasserversorgung und Abwasseraufbereitung in Deutschland und Europa gemeinsam mit den kommunalen Partnern zukunftsfähig zu machen und langfristig kosteneffizient zu betreiben.

Dass dies gut funktionieren kann, zeigen Beispiele wie die Öffentlich-Privaten Partnerschaften in der Landeshauptstadt Schwerin, die Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft, kurz WAG, und die Enervie – Südwestfalen Energie und Wasser AG mit Sitz in Hagen. Auch die Hansestadt Rostock hat über 20 Jahre von der Kooperation mit dem privaten EURAWASSER profitiert, sich dann aber zu einer politisch motivierten Rekommunalisierung entschlossen, die nahezu umgehend zu wirtschaftlichen Einbrüchen geführt hat. Auch hier zeigt sich einmal mehr, dass die Kommunen gut beraten sind, langfristig auf gemeinsame kommunal-private Gesellschaften zu bauen.“

Auch Sabrina Soussan, Präsidentin und Geschäftsführerin der international im Bereich Wasser- und Kreislaufwirtschaft tätigen Suez-Gruppe, hat in einem Interview vom 19. Januar 2024 in France TV, die Notwendigkeit von ÖPP betont:

„Es bedeutet mehr Investitionen, es bedeutet mehr Geschäft. Aber was sehr wichtig ist und was die Dinge verändern wird, ist die Öffentlich-Private Partnerschaft. Diese Themen werden immer wichtiger, und es ist wirklich notwendig, ich betone, dass der öffentliche und der private Sektor zusammenarbeiten. Bei all dem Investitionsbedarf muss das auch so sein, sonst schaffen wir es nicht und können keine Veränderungen herbeiführen.“

Es gibt einen natürlichen Helfer beim verbesserten Wassermanagement. Kompost als wasserspeichernde Deckschicht kann nicht nur fünfmal mehr Wasser pro Hektar speichern, so verbesserte Böden halten das Wasser auch bis zu fünfmal länger. Voraussetzung dafür ist jedoch die flächendeckende Sammlung von biogenen Abfällen, aus denen dann in einer Kaskadennutzung Biogas, Dünger und Strukturkompost gewonnen werden können. Leider hat Deutschland hier immer noch erheblichen Nachholbedarf. Der bundesweit eigentlich vorgeschriebene Einsatz der Biotonne an den Haushalten wird nach wie vor von einigen Kommunen und Landkreisen nicht durchgesetzt. Der NABU hat Anfang 2023 eine Karte veröffentlicht, die aufzeigt, welche Kommunen und Landkreise keine oder nicht in ausreichendem Maß Biotonnen bereitstellen. Angesichts der klimabedingten Belastungen der Böden ist dieser Umstand vollkommen inakzeptabel.

Die Ergebnisse der NABU-Analyse finden Sie hier.

Auf lange Sicht ist die Wassernutzung vom Privathaushalt bis zur Industrieanlage auch eine volkswirtschaftliche Aufgabe. Die Notwendigkeit zur öffentlich-privaten Zusammenarbeit zeigt sich vor allem bei den gigantischen Herausforderungen, mit denen sowohl die industrielle als auch die kommunale Wasserwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten konfrontiert werden wird. Dabei spielt die dezentrale Nutzung des Wassers zukünftig eine Schlüsselrolle. Vielversprechende Lösungsansätze gibt es heute schon, beispielsweise die Nutzung von geklärtem Wasser zur Bewässerung von Agrarflächen. Ziel ist es, das Wasser regional dort zu nutzen, wo es anfällt, und nicht ungenutzt oder gar ungeklärt in die Flüsse und damit ins Salzwasser der Meere abzuleiten.

„Die Notwendigkeit zur öffentlich-privaten Zusammenarbeit zeigt sich vor allem bei den gigantischen Herausforderungen, mit denen sowohl die industrielle als auch die kommunale Wasserwirtschaft in den nächsten Jahrzehnten konfrontiert werden wird.“

Sabrina Soussan, Präsidentin und Geschäftsführerin der Suez-Gruppe

Technische Innovationen sind zwingend notwendig – und kosten viel Geld

Für die direkte Nutzung des wiederaufbereiteten Wassers bedarf es vor allem zusätzlicher Technik, der sogenannten vierten Reinigungsstufe, um das Brauchwasser auf die bestmögliche Weise zu klären. Bei der vierten Reinigungsstufe handelt es sich um erweiterte Technik zum Herausfiltern von Mikroschadstoffen wie etwa Medikamentenresten und Mikroplastik. Moderne Kläranlagen sind schon jetzt in der Lage, bis zu 70 Prozent dieser Spurenstoffe zu beseitigen. Der Rest verbleibt im geklärten Wasser. Zu den am schwersten zu beseitigenden Stoffen gehört beispielsweise Diclofenac, das vor allem in schmerzstillenden Medikamenten und Cremes enthalten ist, sowie Röntgenkontrastmittel. Die vierte Reinigungsstufe ergänzt die bereits etablierten Stufen Rechenklärung, Vorklärung und biologische Reinigung. Sie ist jedoch keine bestimmte Klärtechnik, sondern bezeichnet eine ganze Reihe verschiedener Ansätze wie Ozonierung, Membranfiltration oder Aktivkohlefiltration. In der Kombination können so auch hartnäckige Spurenstoffe herausgefiltert und sicher beseitigt werden.

Auch bei den dafür notwendigen Investitionen und der Umsetzung der Projekte kann die Privatwirtschaft die Kommunen von der Planung über den Bau bis zum Betrieb unterstützen. Dabei sollte idealerweise auch das umfassende Innovationspotenzial aus der Privatwirtschaft zum Tragen kommen.

Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Verbesserung der Wasserinfrastruktur wäre die Dezentralisierung der Abwasseraufbereitung. So könnten zum Beispiel Krankenhäuser, Altenheime und andere medizinische Einrichtungen mit einer Vorbehandlung des Abwassers ausgestattet werden, welche die direkte Beseitigung von Medikamentenrückständen vor der Weiterleitung ins kommunale Abwassernetz ermöglichen würde.

Voraussetzung für den nötigen Innovations- und Investitionsschub sind aber auch in diesem Bereich die richtigen politischen Rahmenbedingungen. In erster Instanz ist die Politik gefragt, die Weichen für die langfristig kostengünstige und effiziente Nutzung des Wassers zu stellen. In einigen Ländern hat die Politik bereits auf die örtlichen Besonderheiten reagiert und die gesetzlichen Vorgaben zur Wassernutzung angepasst. So muss in Indien vielfach in neuen Industriezonen das Wasser in Industrieanlagen bereits heute vollständig im Kreis geführt werden. Das große Ziel wird unter dem Begriff ZLD – Zero Liquid Discharge – zusammengefasst. Kein Tropfen Wasser soll mehr als schmutziges Abwasser zu Lasten der Umwelt und des Grundwasserspiegels verloren gehen. In einem wasserknappen Land wie Indien war dieser Ansatz unabdingbar, um die kostbare Ressource Wasser zu schonen. Da wir auch in Europa häufiger mit wiederkehrenden Dürreperioden zu rechnen haben, sollte die Kreislaufführung von gereinigtem Abwasser zu einem Musterbeispiel auch hierzulande werden.

Weltwassertag der Vereinten Nationen

Der Weltwassertag der Vereinten Nationen am 22. März 2024 stand in diesem Jahr unter dem Motto „Water for Peace“ („Wasser für den Frieden“). Laut Unicef haben weltweit rund 2,2 Milliarden Menschen keinen oder keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch hier ist klar: Der Klimawandel verschärft die Lage weiter. Anpassungen der Wasserinfrastruktur an die Auswirkungen des Klimawandels sind teuer, aber zwingend notwendig.

Musterbeispiele für erfolgreiche Wasserprojekte

Der Ansatz einer abwasserfreien Produktion war der Ausgangspunkt für eine gemeinsame Kooperation zwischen Evonik Catalysts und REMONDIS Aqua. Zusammen nahmen sie in Dombivli, Indien, eine ZLD-Anlage in Betrieb. Hierbei unterstützt REMONDIS Aqua den Chemieproduzenten in den Bereichen Planung, Bau und Finanzierung der Anlage. „Modernes Abwassermanagement ist ein entscheidender Baustein zur Bewältigung der historischen Wasserkrise in vielen Regionen der Welt“, so Dr. Keno Strömer, Geschäftsführer der REMONDIS Aqua India Pvt. Ltd.

Die Aufbereitung des Prozesswassers durchläuft in der Anlage einen mehrstufigen Prozess, bei dem ebenfalls Natriumsulfat zurückgewonnen und als Rohstoff der Industrie zur Weiternutzung zur Verfügung gestellt wird. Für Evonik verringert dies vor allem die Abhängigkeit von der Frischwasserversorgung. Die nachhaltige Nutzung der wertvollen Ressource Wasser trägt zur Schonung der Umwelt bei, der ökologische Fußabdruck in der industriellen Produktion wird weiter minimiert und das Prozesswasser sowie die daraus gewonnenen Wertstoffe werden effizient wiederverwendet.

Auch weltweit besitzen die ZLD-Projekte in Indien einen Vorzeigecharakter. Das Verfahren bietet einen Ansatz zur Wassereinsparung in Produktionsprozessen und gewinnt unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit international immer mehr an Bedeutung.

Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung von Zwischenprodukten. REMONDIS Aqua stellt in den Niederlanden einem Aktivkohlehersteller Prozesswasser zur Verfügung. Das Rohwasser wird hierbei in mehreren Prozessschritten gereinigt. Der Agrarwirtschaft wird darüber hinaus Wasser zur Verfügung gestellt, welches als Zwischenprodukt in dem Aufbereitungsweg zum reinen Prozesswasser entnommen wird. Dies ist ein weiteres Beispiel für die Anpassung der Wasserinfrastruktur an regionale Gegebenheiten.

Bei all den privatwirtschaftlichen Innovationen zur verbesserten Nutzung des knappen Lebensmittels Wasser darf jedoch auch nicht vergessen werden, dass die andere Seite der Medaille, Starkregenereignisse mit extremen Niederschlägen, auch die zwischenzeitliche Speicherung und sichere Ableitung großer Wassermengen zwingend erforderlich macht. Um zu erkennen, wann wie viel Wasser wo ankommen wird, bedarf es überdies moderner KI-basierter Prognosen. Die Kaiserstadt Goslar hat es im Zusammenspiel mit Baubehörden, Unterer Wasserbehörde und nicht zuletzt mit Unterstützung von REMONDIS Aqua auf dem Weg zur intelligenten Schwammstadt bereits sehr weit gebracht. Goslar gilt heute als Musterstadt für intelligenten Hochwasserschutz.

Bildnachweise: Bild 1–4: Shutterstock: Juergen Faelchle; Bild 5: Shutterstock: DOERS

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