Skip to main content
suche
BRAND STORY

29. November 2023

One Giant Leap – Australien auf dem Sprung

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kreislaufwirtschaft in Australien

Australien ist für viele ein Synonym für Kängurus, unendliche Weite und paradiesische Strände. Dass dieses idyllische Bild zunehmend Risse bekommt, bewirken die Ereignisse jüngster Vergangenheit. Immer häufiger hat der rote Kontinent mit Überschwemmungen oder Bränden zu kämpfen. Die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels sind allerorts spürbar. Der Weltklimarat (IPCC) prognostiziert, dass Australien künftig noch häufiger von Extremwetterereignissen heimgesucht wird. Die Zeit läuft davon und der Ruf nach effektivem Klimaschutz wird lauter.

Australien zählt zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Treibhausgasemissionen. Die Regierung um Premierminister Anthony Albanese, seit Mai 2022 im Amt, hatte schon im Wahlkampf angekündigt, die australische Klimapolitik grundlegend zu ändern. Diese Entschlossenheit führte im Herbst 2022 zu einem Meilenstein: Das neue Klimaschutzgesetz wurde verabschiedet – das erste in der Geschichte des Landes. Wichtigster Punkt: Bis 2030 will Australien 43 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu 2005 einsparen. Bis 2050 soll der Kontinent emissionsfrei werden. Um die Entwicklung zu dokumentieren, wird Klimaminister Chris Bowen einen jährlichen Bericht abgeben.

Wenn man den Worten von Premierminister Albanese und Klimaminister Bowen also Glauben schenken darf, wird sich in Australiens Wirtschaft so einiges in den nächsten Jahren ändern: „Fast ein Jahrzehnt stolperte Australien von einer politischen Maßnahme zur nächsten“, werden die beiden zitiert. „Unserer Wirtschaft (…) entgingen Milliarden von Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen in saubere Energie. Doch heute ändert sich das.“

Doch was bedeutet diese Transformation für die australische Wirtschaft? Ein großer Hebel für effektiven Klimaschutz findet sich in der Kreislaufwirtschaft. Wie es Down Under um Abfallsammlung und Recycling bestellt ist, dürfte jedoch den wenigsten bekannt sein. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kreislaufwirtschaft in Australien. Let’s go Down Under!

„Unserer Wirtschaft (…) entgingen Milliarden von Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen in saubere Energie. Doch heute ändert sich das.“

Anthony Albanese, Premierminister, und Chris Bowen, Klimaminister

Status quo

Lange Zeit hat Australien auf konventionelle Entsorgung gesetzt: Abfälle wurden deponiert, wodurch die Wertstoffe für den Kreislauf verloren gingen. Während in Deutschland das Ende der Deponierung von Siedlungsabfällen bereits 2005 im Rahmen der TA Siedlungsabfall (TASi) beschlossen wurde, hielt Australien weiter daran fest – auch weil das Fachwissen und die Ausrüstung für eine stoffliche Verwertung erst im Laufe der Jahre aufgebaut wurden.

Doch Australiens Bevölkerung wächst stetig. Prognosen des nationalen Statistikamtes besagen, dass die Bevölkerung von derzeit rund 26 Millionen auf etwa 36 Millionen im Jahr 2046 wachsen könnte. Dass mehr Einwohner auch mehr Abfall produzieren, ist die logische Konsequenz. So prognostiziert der Bundesstaat Victoria für ebendiese Zeitspanne einen Anstieg der Abfallmengen von rund 55 Prozent. Bei vergleichbarer Entwicklung könnte sich das Abfallaufkommen im gesamten Land langfristig auf 90 bis 100 Millionen Tonnen jährlich zubewegen.

Eine Entwicklung, die ohne stoffliche Verwertung und Recycling wohl kaum gemeistert werden kann. Und die Zahlen sprechen glücklicherweise dafür, dass der rote Kontinent sich auf den Weg macht. So lag die australische Verwertungsquote (einschließlich Wiederverwendung, Recycling und Energierückgewinnung) 2006/2007 bei 50 Prozent, 2016/2017 waren es immerhin schon 61 Prozent – wobei die Zahlen je nach Bundesstaat variieren.

Von linear zum Kreis

Der Wandel von einer linearen zu einer Kreislaufwirtschaft ist also in vollem Gang. Damit die selbst auferlegten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können, braucht es aber gesetzliche Rahmenbedingungen. Dazu wurden im Rahmen des nationalen Abfallpolitik-Aktionsplans 2019 bereits zahlreiche Maßnahmen und Ziele formuliert, die bis 2030 realisiert werden sollen.

Bis 2030 will Australien eine durchschnittliche Verwertungsquote von 80 Prozent aus allen Abfallströmen erreichen.

Wertstoffe im Land bewahren

Bis 2030 will Australien eine durchschnittliche Verwertungsquote von 80 Prozent aus allen Abfallströmen erreichen. Stand jetzt liegt die Quote bei knapp über 60 Prozent. Wer die Kreislaufwirtschaft in eine solche Richtung entwickeln will, muss einerseits dafür sorgen, dass die notwendige Infrastruktur aufgebaut wird. Andererseits muss sichergestellt werden, dass die Abfälle zur Verwertung auch im eigenen Land verbleiben.

Aus diesem Grund verabschiedete die australische Regierung in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 ein Exportverbot für Glas-, Kunststoff-, Reifen- und Papierabfälle. Die Umsetzung erfolgt schrittweise, sodass bis zum 1. Juli 2024 das Exportverbot für alle genannten Abfallarten gelten soll.

Ein solches Exportverbot ist wegweisend für die australische Kreislaufwirtschaft. Es setzt jedoch voraus, dass es auch einen Absatzmarkt für Rezyklate gibt. Eine ähnliche Situation findet sich derzeit auch in Deutschland. Hier werden die ersten Anlagen geschlossen, weil die Industrie zu wenig Rezyklate nachfragt. Im nationalen Abfallpolitik-Aktionsplan 2019 formuliert die australische Regierung bereits das Ziel, den Einsatz von Rezyklaten deutlich zu steigern. Dies ist nur erreichbar mit einer gesetzlich festgelegten Substitutionsquote, wie sie auch in Deutschland bereits intensiv diskutiert wird.

Deponierung wird teurer

Zwar bleibt die Deponierung bis auf Weiteres Teil der abfallwirtschaftlichen Infrastruktur in Australien. Jedoch gehen einzelne Bundesstaaten dazu über, Deponieabgaben einzufordern. Dabei handelt es sich um eine nach Gewicht gestaffelte Abgabe auf Abfallarten. Mit diesem Instrument erhofft man sich ebenfalls einen Anreiz für Abfallminimierung, Wiederverwendung und Recycling. Die Abgabe kann je nach Bundesstaat variieren und ergibt sich zum Beispiel anhand des Herkunftsorts der Abfälle, des Zielorts der Deponie oder der Abfallart.

Vor allem die Verwertung organischer Abfälle bietet für Australien großes Potenzial – von der Sammlung und Aufbereitung von Lebensmittel- und Gartenabfällen bis hin zur Erzeugung grüner Energie. So schreibt zum Beispiel New South Wales die Sammlung von organischen Lebensmittel- und Gartenabfällen bis 2030 vor. Die australische Regierung hat das Potenzial ebenfalls auf ihre Agenda gesetzt und peilt an, die Menge an organischen Abfällen, die bislang auf Deponien abgelagert werden, bis 2030 zu halbieren.

Weniger Abfall

In einer idealen Welt wäre eine Reduzierung der Abfallmengen die Lösung. Hier heißt es im Aktionsplan, dass man das Gesamtabfallaufkommen in Australien um zehn Prozent pro Person bis 2030 reduzieren möchte. Ohne die Unterstützung der Öffentlichkeit ist das jedoch nur schwer erreichbar. Die australische Politik hat sich daher verpflichtet, den Privatsektor mit ins Boot zu holen und gemeinsam daran zu arbeiten, besser aufzuklären, wie Wertstoffe im Kreislauf gehalten werden können. Dazu sollen umfassende wirtschaftsweite und aktuelle Daten für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden, um bessere Verbraucher-, Investitions- und politische Entscheidungen zu ermöglichen.

Basis ist gelegt

Auch wenn die Deponierung weiterhin Teil der australischen Abfallwirtschaft ist und die thermische Verwertung wenig Beachtung findet, zeigt sich: Australien hat sich die Kreislaufwirtschaft zum Ziel gesetzt und will langfristig das Recycling fördern. Das zeigt sich in der Bevölkerung, die zunehmend an der Transformation beteiligt sein möchte. Während sich in der Vergangenheit viele Menschen nur darum gekümmert haben, ob ihre Tonne geleert wurde, kommen mittlerweile mehr Fragen auf: Was passiert mit den Abfällen? Wie werden sie verwertet? Was bedeutet das für die Umwelt? Eine gute Basis, um die Akzeptanz für die Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Das zeigt sich aber vor allem auch in der neuen Klimapolitik: Die australische Regierung fördert die Transformation über diverse öffentliche Gelder und Fördertöpfe. So soll mit dem Recycling Modernisation Fund zum Beispiel die Recyclinginfrastruktur gefördert werden. Analog zum Exportverbot finden sich im Australian Recycling Investment Fund Gelder, um saubere Energietechnologien für das Recycling von Kunststoff-, Papier-, Glas und Reifenabfällen einzusetzen. Und mit dem Food Waste for Healthy Soils Fund soll die Recyclingquote für organische Abfälle in Australien bis 2030 von 49 Prozent auf 80 Prozent erhöht werden. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen: Australien ist entschlossener denn je, den Sprung zur echten Kreislaufwirtschaft zu wagen.

REMONDIS Down Under

Auf solch einem guten Nährboden – sich wandelnde Erwartungen der Gesellschaft auf der einen und der gesetzliche Rahmen auf der anderen Seite – ist es für Unternehmen der Recyclingwirtschaft gerade besonders interessant, in den wachsenden Markt in Australien einzusteigen. Diesen Schritt hat REMONDIS längst getan: Bereits im Jahr 1982 hat das Familienunternehmen aus Deutschland Down Under Fuß gefasst und sich dort in den 40 Jahren zu einem führenden Anbieter von Abfall-, Wasser- und Recyclingdienstleistungen entwickelt. Mehr als 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an über 35 Standorten arbeiten an zukunftsorientierten Lösungen in den Bereichen Recycling und Rohstoffrückgewinnung sowie Wasser- und Abwasseraufbereitung.

Die Geschichte von REMONDIS Australia begann mit einem Vertrag mit der Stadtverwaltung von Penrith in New South Wales. Mit 35.000 aus Deutschland importierten Kunststofftonnen wurden neue Maßstäbe für die lokale Abfalllogistik gesetzt, und das australische Straßenbild änderte sich von diesem Tag an. Heute profitieren mehr als 24.000 industrielle und kommunale Kunden von den REMONDIS-Dienstleistungen.

Die Verbindung zu Deutschland ist dabei ein entscheidender Vorteil. REMONDIS befindet sich nach rund 90 Jahren immer noch in Familienbesitz. Viele Technologien, die innerhalb der Gruppe entwickelt werden, werden partnerschaftlich geteilt und als Vorbild in die anderen Länder und Gesellschaften getragen. Als in Deutschland die Deponierung von Siedlungsabfällen vor fast 20 Jahren verboten wurde, brachte das die Notwendigkeit von Innovationen mit sich. So wurden umfassende Erfahrungen gesammelt, von denen die Kolleginnen und Kollegen in Australien bei ihrer Transformation nun profitieren können.

Großer Markt für Vergärungsanlagen

Die Verwertung organischer Abfälle spielt eine bedeutende Rolle in Australiens Klimapolitik. Anstatt die Abfälle zu deponieren und damit für den Kreislauf zu verlieren, sollen künftig andere Wege beschritten werden. Wege, die REMONDIS bereits gegangen ist: Das Recyclingunternehmen war Vorreiter, als es im Jahr 2001 mit einer Anlage in Port Macquarie die Tunnelkompostierung einführte. Der nächste Schritt wird die Vergärung sein.

Im Gegensatz zur Kompostierung erfolgt die Vergärung unter Ausschluss von Sauerstoff. Der Abbau des organischen Ausgangsmaterials erfolgt durch Bakterien. Aus dem entstandenen Biogas wird dann Energie gewonnen, der verbliebene Gärrückstand kann durch Ausbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen verwertet werden. In jedem Fall landen durch Kompostierung und Vergärung weniger organische Abfälle auf Deponien. REMONDIS hat dieses Geschäft frühzeitig erkannt und ausgebaut.

Ausbau der thermischen Verwertung

Energiegewinnung aus Abfällen spielt in Australien bislang eine untergeordnete Rolle. Landesweit gibt es nur zwei Unternehmen, die bereits praktische Erfahrungen mit dem Betrieb von Anlagen zur thermischen Verwertung gesammelt haben. Eines davon ist REMONDIS.

Noch fehlt aber die notwendige Rückendeckung der Politik für die thermische Verwertung. In einigen Bundesstaaten dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren zu lang und die Ergebnisse sind oft ernüchternd. Auch muss die Öffentlichkeit noch mehr einbezogen werden. Viele Menschen verstehen den Wert der Verbrennung nicht, was zu Skepsis führt. Abschließend ist auch der kommerzielle Rahmen für den Betrieb rentabler Verbrennungsanlagen noch nicht vorhanden. Dies könnte sich jedoch durch Verschärfung der Deponieabgaben ändern.

Produkthersteller in die Pflicht nehmen

Ein ebenfalls wichtiger Hebel wird die Produktverantwortung sein. Damit ist gemeint, dass Hersteller über den ganzen Lebenszyklus ihres Produkts in die Pflicht genommen werden – auch, wenn aus ihren Produkten Abfall wird. Dies treibt REMONDIS in Australien ebenfalls mit voran und ist ein führender Akteur bei Produktverantwortungsprogrammen wie Paintback und Big Bag Recovery sowie bei Containerpfandsystemen wie dem mehrfach ausgezeichneten Containers-for-Change-Programm in Westaustralien.

Als Partner von Paintback ist REMONDIS seit 2020 in Australien mit der Sammlung, Aufbereitung und Weiterleitung von wasser- und ölbasierten Lackdosen und -resten in Queensland, dem Northern Territory und Victoria beauftragt. Das hauseigene Digitalteam hat eine mobile Anwendung entwickelt, mit der Farbsammlungen von der Abholung bis zur Verarbeitung verfolgt werden können, um Schadstoffe an der Quelle zu identifizieren. Die App ist ein Beispiel für die innovative Digitalisierung der Produktverantwortung in Australien.

Weiterhin wird wichtig sein, das Design for Recycling voranzutreiben. Zu viele Produkte werden ohne Rücksicht auf die Wiederverwertbarkeit des Produkts oder der Verpackung entworfen. Hier müssen die Hersteller in die Pflicht genommen werden, damit sie ihre Produkte nachhaltig und recyclingfähig gestalten. In Europa arbeitet REMONDIS bereits intensiv daran, das Ökodesign zu etablieren. Dies lässt sich auch auf Australien übertragen.

Stolpersteine aus dem Weg räumen

Lange Zeit wurde der Klimaschutz in Australien eher zweitrangig behandelt. Mit immer wiederkehrenden Extremwetterereignissen wuchs jedoch das Bewusstsein, dass es so nicht weitergehen kann. Für die Recyclingwirtschaft bedeutet das, dass es nie spannender war, den wachsenden Markt in Australien zu bedienen. Damit die Akteure der Branche ihre Aktivitäten bestmöglich ausbauen können, werden jedoch ein passender gesetzlicher Rahmen und kluge politische Entscheidungen benötigt.

Insbesondere die Geschwindigkeit wird entscheidend sein: Zeiträume bis zur Genehmigung „neuer“ Technologien dauern in Australien bislang weitaus länger – auch, wenn diese bereits in Europa erprobt und bewährt sind. Hier braucht es schnellere Entscheidungen und eine bessere Abstimmung. Die Transformation wird nur dann funktionieren, wenn das Land, die Menschen und die verschiedenen Branchen an einem Strang ziehen und das gleiche Ziel verfolgen: die Dekarbonisierung Australiens schnellstmöglich voranzutreiben!

Bildnachweise: Bild 1: Adobe Stock: lhboucault; Bild 2: Adobe Stock: cn0ra; Bild 3,4: © REMONDIS

Newsletter

Melden Sie sich ganz unkompliziert zu unserem Newsletter REMONDIS AKTUELL mit Informationen zu Leistungen, Produkten und vielen weiteren Infos an.