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1. August 2025

Erfolgsmodell Nachwuchsförderprogramm

Qualifizierte Mitarbeitende für Recycling und Abfallentsorgung zu finden, ist nicht einfach. Aus der Not macht die GMVA Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH eine Tugend: Sie setzt seit zwei Jahren mit Erfolg auf ein Nachwuchsförderprogramm. Zeit für eine Bilanz von Geschäftsführerin Michaela Schröder: 

Gerade im technischen Bereich einer Müllverbrennungsanlage (MVA) ist die langfristige Bindung von Mitarbeitenden von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens. Spezialisten wie gut ausgebildete Kraftwerker oder Kraftwerksmeister von außen zu holen, ist in Zeiten chronischen Fachkräftemangels schwierig. Wir brauchen nicht nur gut ausgebildete Mitarbeitende, sondern im Idealfall Experten, die unsere Anlagen kennen. Unsere Entscheidung vor zwei Jahren, im Rahmen eines Changemanagementprozesses ein Nachwuchsförderprogramm für Mitarbeitende in unserem Haus auf den Weg zu bringen, war perfekt: Die Resonanz unter den Mitarbeitenden ist gut. Dabei ist für uns wichtig, nicht nur junge Talente zu fördern, sondern auch langjährig Beschäftigte, die sich weiterbilden wollen. Eine große Fluktuation gibt es bei uns glücklicherweise nicht, die langjährig Beschäftigten sagen mir immer wieder, dass sie aufgrund des guten Betriebsklimas keine Notwendigkeit sehen, den Arbeitgeber zu wechseln. Das ist eine schöne Resonanz. Allerdings dürfen wir nicht ignorieren, dass mehr als ein Drittel der Mitarbeitenden zu der Babyboomer-Generation gehört und in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen wird. Der Bedarf an Nachwuchskräften ist entsprechend groß. Der Verlauf und die ersten Erfolge unseres Nachwuchsförderprogrammes zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Michaela Schröder, Geschäftsführerin GMVA Niederrhein GmbH

Die GMVA

Die GMVA Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH gehört zu den größten thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland und betreibt vier separate Verbrennungslinien. Jede dieser Linien besteht aus einer Materialaufgabe, einem Walzenrost-Feuerungssystem, einem Dampferzeuger sowie einem komplexen Abgasreinigungssystem. Pro Stunde werden in jeder Linie zwischen 20 und 25 Tonnen Abfall verbrannt, was einer täglichen Gesamtkapazität von 2.100 Tonnen entspricht. Hochgerechnet auf ein Jahr sind das mehr als 700.000 Tonnen Abfall. Die Energieerzeugung erfolgt über eine Entnahme-Kondensationsturbine mit 50 MW sowie eine Anzapf-Kondensationsturbine mit 25 MW Leistung. Durch die thermische Verwertung des Abfalls erzeugt die GMVA jährlich rund 430.000 MWh Strom und überträgt bis zu 150.000 MWh in das öffentliche Fernwärmenetz. Gleichzeitig fallen etwa 170.000 Tonnen Schlacke an, die weiter zu Baustoffen verarbeitet werden. Zudem verfügt das Unternehmen über eine umfassende Rauchgasreinigung, die pro Kessellinie aus einem Elektrofilter, einem HCl- und SO2-Wäscher und einem Gewebefilter bestehen. Das für den Betrieb erforderliche Wasser wird in einer Vollentsalzungsanlage aufbereitet.

Das Unternehmen wurde ursprünglich vollständig in öffentlicher Hand betrieben, wird jedoch seit 2001 als Öffentlich-Private Partnerschaft geführt. Zu den Gesellschaftern gehören die Stadt Oberhausen über die STOAG Stadtwerke Oberhausen GmbH, die Stadt Duisburg über die Wirtschaftsbetriebe Duisburg – AöR (WBD) sowie das privatwirtschaftliche Unternehmen REMONDIS.

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels und der steigenden behördlichen sowie technischen Anforderungen liegt der Fokus des Unternehmens auf der Entwicklung von Strategien zur langfristigen Bindung und Förderung von qualifizierten Mitarbeitenden. Die hohe Komplexität der thermischen Abfallbehandlung erfordert von den Mitarbeitenden nicht nur fundiertes theoretisches Wissen, sondern auch umfangreiche praktische Erfahrung, die sowohl durch die direkte Planung und Umsetzung von Projekten als auch durch ein tiefes Verständnis der betrieblichen Abläufe gewonnen wird. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde das Innovation Network, kurz IN GMVA, ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine abteilungsübergreifende Gruppe motivierter und talentierter Mitarbeitender, die eigenverantwortlich Projekte übernehmen und dabei von erfahrenen Coaches aus dem Unternehmen begleitet werden. Ziel dieses Programms ist es, insbesondere jüngere Mitarbeitende gezielt auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.

Die Altersstruktur des Unternehmens zeigt, dass 49 Prozent der 195 Beschäftigten über 50 Jahre alt sind. In den nächsten sieben Jahren wird etwa 14 Prozent der erfahrenen Belegschaft in den Ruhestand gehen. Dies birgt das Risiko, dass wertvolles, oft nicht dokumentiertes Wissen verloren gehen könnte. Da 28 Prozent der Mitarbeitenden im Alter zwischen 26 und 40 Jahren sind, ist es entscheidend, das vorhandene Fachwissen aktiv zu vermitteln.

Pro Stunde werden in jeder Linie zwischen 20 und 25 Tonnen Abfall verbrannt, was einer täglichen Gesamtkapazität von 2.100 Tonnen entspricht.

Das Innovation Network

Derzeit besteht das Innovation Network aus sieben Teilnehmenden aus den Abteilungen Instandhaltung, Logistik, Labor, der mechanischen Werkstatt, der technischen Dokumentation und des technischen Projektmanagements. Die Gruppenmitglieder sind im Durchschnitt bereits seit acht Jahren im Unternehmen tätig und zwischen 25 und 39 Jahre alt. Die Teilnehmenden haben teilweise schon ihre Ausbildung im Unternehmen erfolgreich abgeschlossen, vertreten sind unter anderem Techniker, Ingenieure und Mechatroniker.

Das Nachwuchsförderungsprogramm ist auf drei Jahre ausgelegt. Neue Mitarbeitende haben fortlaufend die Möglichkeit, sich an den Projekten zu beteiligen. Bewerbungen werden intern jeweils zum Jahresende angenommen. Führungskräfte sind dahingehend sensibilisiert worden, auf Talente zu achten, die für das Programm infrage kommen könnten. Teamevents tragen zur Stärkung des Zusammenhalts und der Mitarbeiterloyalität bei.

Von links nach rechts: Lukas Brauner, Manuel Bauditz, Kim Philipp Hölzer, Timo Kraus, Joel Zganiatz, Justin-Pascal Koßmann

Innovationsfähigkeit

Die frühzeitige Entwicklung dieser Mitarbeitenden sowie die Umsetzung von Projekten zur Effizienzsteigerung durch die Gruppe tragen maßgeblich zur Leistungsfähigkeit der MVA bei. Durch gezielte Weiterqualifizierungsmaßnahmen wird das Fachwissen von Mitarbeitenden kontinuierlich ausgebaut, was die Innovationsfähigkeit des Unternehmens stärkt. Dazu gehören In-House-Schulungen renommierter Institutionen, unter anderem im Bereich der Abfallwirtschaft, des Projektmanagements, kaufmännischer und rechtlicher Grundlagen und Tipps zum Netzwerken. Darüber hinaus wird der Kontakt zu angrenzenden Branchen gefördert, Kontakte sind das A und O. Externe Impulse fördern die Modernisierung von Technik und Prozessen, insbesondere durch Automatisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Auch ein Blick in die Prozessabläufe anderer MVA gestaltet sich spannend. Die Kernaufgabe ist dieselbe, aber dennoch sind die technischen Rahmenbedingungen und Prozesse teilweise höchst unterschiedlich. Ein Blick über den Tellerrand gestaltet sich damit immer spannend. Der REMONDIS-Unternehmensverbund mit acht Müllverbrennungsanlagen bietet uns damit eine hervorragende Möglichkeit, die wir für unsere Weiterqualifizierung und zum internen Networking nutzen.

Azubi-Recruiting mit Social Media

Das erste Projekt der Gruppe bestand in der Produktion von Videoinhalten für die Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit einem professionellen Filmteam. Diese Videos stellen die Mitarbeitenden der einzelnen Abteilungen in den Vordergrund. Die Ideen sowie das Drehbuch wurden direkt von den Teilnehmenden erarbeitet, die auch selbst als Darsteller agierten. Das Ziel war, potenzielle Auszubildende mit praktischen Inhalten und visuell modernen Filmaufnahmen anzusprechen und dabei die Ergebnisse direkt auch kompatibel zu den gängigen Social-Media-Plattformen auszurichten. Es wurden dreiminütige Videos zu den Bereichen der mechanischen Werkstatt, der elektrischen Werkstatt und der Logistik erstellt. Diese modernen und authentischen Videos rücken die tatsächlichen Aufgaben in den Fokus und vermitteln einen realistischen Eindruck der Arbeitsbereiche.

Schauen Sie gerne auf dem YouTube-Kanal der GMVA vorbei.

Überwachung der Überhitzer im Kesselsystem

Das zweite Projekt beschäftigt sich mit der Realisierung einer Überhitzerkamera. Mit dieser Kamera soll ein Time-Lapse-Video erstellt werden, das über die Betriebsdatenbank abrufbar ist und den Verschmutzungsgrad der Überhitzerrohre im Kessel über eine Dauer von einem Jahr monitort. Diese Bauteile sind besonders anfällig für Korrosion und Abrasion und Verschmutzungen beeinflussen die Strömung des Rauchgases erheblich, was wiederum einen negativen Einfluss auf den Kesselwirkungsgrad hat. Das Monitoring ermöglicht eine Anpassung der Instandhaltungszyklen, wodurch ein umfassendes Bild der Korrosions- und Belagsbildung im Kessel entsteht, insbesondere im Zusammenspiel mit anderen Projekten. Durch die Beschäftigung mit diesem Projekt ist eine Kooperation mit der Firma CheMin entstanden, die ihrerseits eine geeignete Kamera entwickelt hat. CheMin ist damit ebenso an den Ergebnissen der Untersuchungen des IN GMVA-Teams sehr interessiert.

Die Idee stammt aus dem Team – die Umsetzung gelingt gemeinsam: Dank der Kooperation mit dem Unternehmen CheMin, das eine geeignete Kamera entwickelt hat, wird das Projekt Überwachung der Überhitzer im Kesselsystem nun Realität. Ein schönes Beispiel dafür, wie interne Neugier und externe Partnerschaft innovative Impulse für unsere Branche liefern können.

Für ein modernes Arbeiten erhalten die Teammitglieder in Zusammenarbeit mit dem Start-up-Netzwerk „Startplatz“ intensive Weiterbildungen zum Thema KI. Die Mitglieder des Innovation Networks erhalten so die Möglichkeit, hochinnovative Technologien wie KI und Robotik zu testen und sich frühzeitig mit den damit verbundenen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Diese Projekte liefern wertvolle Impulse, um Innovationen auch in anderen Bereichen zu integrieren. Die Zusammenarbeit mit Start-ups spielt hierbei eine zentrale Rolle.

Bildnachweise: © GMVA

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