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15. Juli 2025

Eine Stadt macht sich auf den Mehrweg

Auf öffentlichen Veranstaltungen in Düsseldorf ist Mehrweg für Essen und Getränke neuer Standard: Wie wurde das Mehrweggebot eingeführt und welche Stellschrauben gibt es noch, um Mehrweg zu etablieren?

Ein Gemisch aus Trommeln und Tröten rollt wie eine Welle durch die Düsseldorfer Altstadt. Menschen in allen erdenklichen Kostümen tummeln sich in den Straßen. Es ist Karneval und die ganze Stadt ist auf den Beinen!

Von Altweiber bis Aschermittwoch ist Düsseldorf alljährlich in der Hand der Jecken. Wo ein Clown auf Prinzessin und Cowboy trifft, fällt ganz schön viel Abfall an. Klingt jeck? Entspricht aber der Realität.

Achtlos weggeworfen, landeten Getränkebecher oder Snackschale bislang nicht in den vorgesehenen Abfallbehältern, sondern daneben, auf Plätzen oder Grünflächen. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern sorgt auch für viel Aufräumarbeit.

Die Stadt Düsseldorf kam also zu diesem Entschluss: Bei Veranstaltungen auf öffentlichem Grund soll Mehrweg zur Pflicht werden. Das betrifft nicht nur Karneval, sondern auch Rheinkirmes, Japantag oder Weihnachtsmarkt.

Der Weg zum Mehrweggebot

Obwohl Abfallvermeidung als prioritäres Ziel im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) verankert ist, steigt die Menge an Verpackungsabfall weiter an. Mit jährlich 237 Kilogramm Verpackungsabfall pro Kopf zählt Deutschland zu den Spitzenreitern der EU. Ein Treiber ist der vermehrte Konsum unterwegs. So werden allein in Deutschland nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe jährlich 5,8 Milliarden Getränkebecher, 4,5 Milliarden Essensboxen und 2,7 Milliarden Teller nach einmaliger Nutzung weggeworfen.

Allein in Deutschland werden nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe jährlich 5,8 Milliarden Getränkebecher, 4,5 Milliarden Essensboxen und 2,7 Milliarden Teller nach einmaliger Nutzung weggeworfen.

Im Kampf gegen Einwegmüll wurden in den letzten Jahren viele Vorgaben auf nationaler und EU-Ebene eingeführt. Manche leisten ihren Beitrag, bei anderen – wie der Mehrwegangebotspflicht – bleibt die erhoffte Wirkung bisher aus. Einige Kommunen haben darauf reagiert, indem sie sich mehr auf regionale Projekte mit einem festen Rahmen konzentrieren: Veranstaltungen. Denn im Gegensatz zum Außer-Haus-Markt können hier Regeln besser abgesteckt werden. Zudem sind Feste oder Märkte das lokale Aushängeschild, prägen den Zusammenhalt und stärken den Tourismus. Wenn am Ende jedoch nicht der Spaß in Erinnerung bleibt, sondern das Bild von überquellenden Mülleimern oder zertretenen Plastikbechern, besteht Handlungsbedarf. Hinzu kommt, dass der Abfall oft nicht an Ort und Stelle verbleibt, sondern auch angrenzende Flächen wie Parks oder Ufer verschmutzt.

Folglich hat Düsseldorf sich dazu entschieden, dass auf den öffentlichen Veranstaltungen Mehrweg- statt Einwegprodukte für den Ausschank von Speisen und Getränken zur Pflicht werden. Grundlage dafür ist das 2020 beschlossene Mehrweggebot in $ 5 Absatz 2 Abfallentsorgungssatzung der Landeshauptstadt Düsseldorf.

Doch die Umsetzung ging nicht von heute auf morgen und auch nicht im Alleingang. Leonhard Krause, seit 2022 Zero-Waste-Manager der Stadt Düsseldorf, hat die Einführung des Mehrweggebots federführend koordiniert. „Unser Interesse war es von Beginn an, allen Beteiligten auf Augenhöhe zu begegnen. Wie kriegen wir das gemeinsam hin? Es bringt nichts, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.“ Und so suchte er den Austausch. Erst mit einzelnen Standbetreibern und dann – weil es sich als recht kleinteilig gestaltete – mit den Veranstaltern.

Kurze Wege einer Stadt nutzen

Ein letztes Puzzlestück fehlte aber noch: „Fragt bei eurem lokalen Entsorger, ob er bei Mehrweg unterstützen kann“, empfiehlt Leonhard Krause. Das helfe auch in der Abstimmung mit Schaustellern und Veranstaltern, wenn man den Problemlöser gleich an der Hand hat. In Düsseldorf waren die kurzen Wege Gold wert, denn das Abfallwirtschaftsunternehmen AWISTA ist ohnehin im Einsatz. „Drei Mitarbeiter koordinieren bei uns die Entsorgung und Straßenreinigung auf den Veranstaltungen“, erzählt Giann-Luca Maßmann. Darüber hinaus hat die AWISTA einen starken Unternehmensverbund, der Zugang zu weiteren Dienstleistungen bietet: „Mit unserem Partner REMONDIS können wir das Komplettpaket anbieten.“ Die Aufgabenteilung funktioniert reibungslos: Die AWISTA hält Kontakt zu Veranstaltern und Gastronomen, nimmt Bestellungen auf und erledigt die Abrechnung. REMONDIS stellt die Mehrwegartikel bereit und ist verantwortlich für Spülung und Logistik.

„Mit unserem Partner REMONDIS können wir das Komplettpaket anbieten.“

Giann-Luca Maßmann, AWISTA

Vor Ort läuft es dann so: Die Standbetreiber nehmen die Mehrwegartikel an Ausgabestellen an und geben sie dort auch wieder ab. Das Geschirr wird vor Ort oder im Spülzentrum von REMONDIS gereinigt und bei Bedarf erneut eingesetzt. Besucherinnen und Besucher können Becher, Teller und Co. an allen Ständen zurückgeben. Ein einheitliches Mehrwegsystem in Form einer Poollösung sei am einfachsten umzusetzen: „So vermeiden wir, dass die Veranstaltung zum Flickenteppich wird und jeder sein eigenes Ding macht“, sagt Giann-Luca Maßmann.

Mit allen Partnern an Bord ging es also an die Umsetzung – und zwar schrittweise: Der Startschuss fiel 2022 mit einem Teilkonzept, bei dem eine Mehrwegalternative angeboten werden musste. Ein Jahr später durften nur noch Mehrwegbecher ausgegeben werden, wobei die Rheinkirmes als Vorreiter damals schon ein umfassendes Einwegverbot ausgesprochen hatte. Seit 2024 ist es Pflicht, Mehrweggeschirr im Essens- und Getränkebereich einzusetzen und im Sommer 2024 waren alle großen Events komplett auf Mehrweg umgestellt. Ausnahmen gibt es noch bei Servietten, Pergamentpapier oder Spitztüten. „Wenn es minimalistische Verpackungen braucht, um das Mehrweggebot flächendeckend umzusetzen, sind es uns diese Zugeständnisse wert“, so Leonhard Krause.

Mehrweg im Außer-Haus-Markt – nach wie vor die Qual der Wahl

Ist der Kaffee ausgetrunken oder der Snack verzehrt, bleiben Becher oder Schale zurück. Damit weniger Einwegverpackungen ausgegeben und achtlos weggeworfen werden, trat am 1. Januar 2023 deutschlandweit die Mehrwegangebotspflicht in Kraft. Sie verpflichtet Gastronomiebetriebe, die verzehrfertige Lebensmittel in Einwegbehältern oder Getränke in Einwegbechern verkaufen, Mehrweg als Alternative anzubieten. Von der Pflicht ausgenommen sind nur Betriebe, die höchstens fünf Beschäftigte beschäftigen und gleichzeitig nicht mehr als 80 Quadratmeter Verkaufsfläche besitzen. Sie müssen aber bei Bedarf die Speise in mitgebrachte Behältnisse füllen.

In der Regel müssen Kunden für die Mehrwegalternative Pfand zahlen und die Behälter wieder zurückbringen. Zwar bieten die meisten Gastronomien nun eine solche Alternative an, sie wird aber häufig nicht aktiv beworben. Daher greifen viele Menschen nach wie vor zur Einwegverpackung – aus Bequemlichkeit, Hygiene oder Unwissenheit. Weil zudem keine flächendeckenden Kontrollen stattfinden, gibt es immer noch Betriebe, die sich nicht an die Regeln halten. Solange es eine Auswahlmöglichkeit gibt, wird Mehrweg den Kürzeren ziehen …

Nachahmer herzlich willkommen

Zur 10-tägigen Rheinkirmes kommen rund vier Millionen Besucher, beim Rosenmontagsumzug sind es etwa 700.000 Jecken. Die Stadt Düsseldorf sorgt mit ihrem Mehrweggebot für nachhaltigere Veranstaltungen und ein positiveres Stadtbild. Der Blick auf die Deutschlandkarte zeigt: Einige kleine und große Kommunen wollen ihre öffentlichen Veranstaltungen künftig ebenfalls umstellen und dazu Mehrweg in der Abfallsatzung verankern. Sie stehen jedoch vielfach noch am Anfang. In Mülheim geht die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) daher voran und hat bereits ein eigenes Mehrwegsystem entwickelt. Bei Reinigung und Logistik wird die MEG von REMONDIS unterstützt. In Oberhausen und Essen ist das Thema Mehrweg zumindest schon in der Abfallsatzung festgeschrieben. Die WBO Wirtschaftsbetriebe Oberhausen sowie die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) stehen hier als passender Entsorgungspartner zur Verfügung und sind offen für die Umsetzung.

„Düsseldorf nimmt eine Vorreiterposition im Vergleich zu anderen Städten ein. Durch dieses Vorzeigebeispiel hoffen wir, dass sich weitere Kommunen für ähnliche Konzepte entscheiden werden“, sagt Roland Lenders, Geschäftsführer der REMONDIS Resource Management GmbH.

Zusammen mit seinem Kollegen Johannes Hatting entwickelt er Mehrwegkonzepte – für Kommunen, Gastronomie, Festivals oder Sportvereine. Und ist dabei stets offen für den konstruktiven Austausch. Denn am Ende ist es eine Gemeinschaftsaufgabe, sich auf den Mehrweg zu machen!

Von links: Johannes Hatting (REMONDIS) und Giann-Luca Maßmann (AWISTA)

Im Gespräch mit zwei Experten

Roland Lenders und Johannes Hatting von der REMONDIS Resource Management GmbH haben schon einige Partner bei der Umstellung auf Mehrweg unterstützt.

RE:VIEWS: Sie beschäftigen sich tagtäglich mit dem Thema Mehrweg. Wie bewerten Sie den aktuellen Stand?

Roland Lenders: Wir sehen viele spannende Ansätze und Zielgruppen, aber der Weg ist noch lang. Im großen Stil funktioniert Mehrweg bislang in Stadien, auf Konzerten oder Festivals, weil hier die Rahmenbedingungen stimmen. In vielen Fußballstadien haben sich Mehrwegbecher längst etabliert. Das ist auch eine Sache der Gewöhnung.

RE:VIEWS: Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Johannes Hatting: Gemeinsam mit Rot-Weiss Essen haben wir 2024 eine Kooperation gestartet. Im Stadion an der Hafenstraße werden seither nur Mehrwegbecher ausgegeben, die wir in unserem Spülzentrum hygienisch reinigen und für den nächsten Einsatz vorbereiten. Der regelmäßige Spielbetrieb erleichtert uns hier die Planung.

Im Essensbereich wird derzeit noch größtenteils Einweg eingesetzt. Hier stehen wir bereits mit einigen Partnern im Austausch und wollen schon bald das Komplettpaket im Stadion anbieten: Mehrwegbecher und Mehrwegschalen.

„Letztendlich kommt es auf die Regulierung des Marktes an. Eine stärkere Regulierung schafft auch mehr Potenzial für Mehrweg.“

Roland Lenders, REMONDIS Resource Management GmbH

RE:VIEWS: Wie sieht es in anderen Bereichen aus?

Johannes Hatting: Auch hier sehen wir Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn in der Systemgastronomie Burger oder Pommes auf Mehrweg umgestellt werden müssen, schafft das einen neuen Markt. Es gibt aber auch andere spannende Anwendungsfelder, in denen sich etwas tut, zum Beispiel bei Blumentöpfen oder Kosmetikverpackungen.

Roland Lenders: Letztendlich kommt es auf die Regulierung des Marktes an. Eine stärkere Regulierung schafft auch mehr Potenzial für Mehrweg. Wir sind gespannt, wohin die Entwicklung führen wird. Als Dienstleister sind wir ohnehin breit aufgestellt und interessieren uns für jeden Einsatzbereich und jede Zielgruppe!

Kommunale Verpackungssteuer: Tübingen macht’s vor, Köln will nachlegen

Eine weitere Stellschraube für Mehrweg macht aktuell bundesweit die Runde: die kommunale Verpackungssteuer. Die Stadt Tübingen erhebt seit dem 1. Januar 2022 eine Steuer von 50 Cent auf Einwegverpackungen und Einweggeschirr sowie 20 Cent auf Einwegbesteck. Zahlen müssen das Gastronomen und Händler, die Getränke oder Mahlzeiten zum unmittelbaren Verzehr in Einwegverpackungen verkaufen. Dabei spiele das Material keine Rolle, heißt es von Seiten der Kommune. Ob die Betriebe die Steuer an die Endverbraucher weitergeben, könne jeder Betreiber selbst entscheiden.

Ein Fast-Food-Restaurant in Tübingen wollte die Verpackungssteuer so nicht hinnehmen. Die Beschwerde hat das Bundesverfassungsgericht aber Ende Januar 2025 abgewiesen – was Rechtssicherheit für andere Städte schafft. Einige Kommunen regen nach diesem Beschluss also eigens Prüfungen an. Andere äußern Bedenken zu Verwaltungsaufwand und Kosten. Eine Umfrage von dpa unter Kommunen und Ministerien ergab, dass man sich mehrheitlich eine bundeseinheitliche Regelung wünsche. Fest steht: Die Verpackungssteuer sorgt für Diskussionen!

Und findet schon bald „große“ Nachahmer. Was im beschaulichen Tübingen funktioniert, soll nun auch in die Großstadt kommen: In Köln haben CDU und Grüne einen Antrag zur „Einführung einer Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild in Köln“ vorgelegt – und der Stadtrat hat dem Antrag mehrheitlich zugestimmt.

Bildnachweise: Bild 1: Adobe Stock: Jiranath; Bild 2–6, 8: © REMONDIS; Bild 7: Adobe Stock: Ekkarat_Studio

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