Neue Vorgaben für einige Abfallarten
Seit dem 18. April und mit dem Votum des EU-Parlaments ist das europäische Abfallpaket formell bestätigt. Drei Jahre haben Kommission, Parlament und Rat über das Konzept verhandelt, welches eine höhere Verwertung oder besser noch Vermeidung von Abfall beinhaltet und dessen Realisierung Klima, Umwelt und Ressourcen bedeutend schonen soll. Schwarz auf weiß zu lesen – und zu befolgen – sind für die EU-Mitgliedstaaten damit die neuen Vorgaben für einige Abfallarten. Der erste Schritt zur Untermauerung einer zukunftsweisenden und einheitlichen europäischen Kreislaufwirtschaft ist damit getan. Am Drücker sind jetzt die einzelnen Länder.
Höhere Recyclingquoten anvisiert
Mit neuen Richtlinien für Siedlungs- und Verpackungsabfälle, Bioabfälle, Textilien und Deponierung, Deponierung sowie gegen Lebensmittelverschwendung setzt die EU ehrgeizige Ziele. Höhere Recyclingquoten für alle Länder gelten dabei als wesentlich: Die heutige 44-Prozent-Quote bei Siedlungsabfällen soll bis zum Jahr 2025 auf mindestens 55 Gewichtsprozent und bis 2035 sogar auf mindestens 65 Prozent steigen. Bei Verpackungen sollen ab 2025 65 Prozent recycelt werden, 70 Prozent ab dem Jahr 2030. Mit jeweils spezifischen Zielen für Papier und Pappe, Kunststoff, Holz, Glas und Metall. Das Paket umfasst außerdem eine einheitliche, am Input orientierte Berechnungsmethode. Mit dieser wird auch die aktuelle 67-Prozent-Quote von Recyclingweltmeister und Europavorreiter Deutschland wesentlich geringer ausfallen. Auch für Bioabfälle und Textilien gelten jetzt verbindliche Regeln: In allen EU-Staaten müssen diese Abfallsorten ab 2024 getrennt gesammelt werden. Nichts Neues für Deutschland, aber ein großer Schritt für viele andere europäische Länder. Außerdem soll die Verschwendung von Lebensmitteln reduziert werden – bis 2030 um 25 Prozent.
Zeitliche Entwicklung der Recyclingquote von heute bis 2035
Weg von den Deponielösungen
Hinzu kommen neue Vorschriften für Abfalldeponien. Insbesondere in südlichen Ländern wie Kroatien und Griechenland sowie auf Malta und Zypern werden mehr als drei Viertel der Haushaltsabfälle noch auf Deponien entsorgt. Ab 2035 darf die maximale Deponierungsquote nur noch zehn Prozent betragen. Aus EU-Sicht wird mit Drehung dieser Stellschrauben der Kreislauf von Design, Herstellung, Verbrauch sowie Sammlung und Verwertung zunehmend geschlossen, um dem Ziel einer nachhaltigen und gleichzeitig wirtschaftlichen Recyclingbranche ein Stück näher zu rücken. Das Paket stimmt hoffnungsvoll, verlangt aber nach einer strengen politischen Kontrolle, um national und international Erfolge einzuholen. Auf EU-Seite gibt es auch dafür erste Ideen: Wer die Umsetzung nicht innerhalb der vorgegebenen zwei Jahre erreicht, muss die Kommission darüber informieren und Gründe benennen. So weit die Theorie. Wie die praktische Umsetzung der Mitgliedstaaten läuft, bleibt abzuwarten.
Kunststoff ein wichtiges Thema
Besondere Bedeutung innerhalb des Pakets kommt der Kunststoffstrategie zu, nicht zuletzt durch den Importstopp Chinas. Zentrales Ziel ist dabei, nur noch wiederverwertbare und effizient recycelbare Kunststoffverpackungen zu schaffen und dadurch unter anderem der Verschmutzung der Weltmeere entgegenzutreten. Und das Ganze bis zum Jahr 2030. In Brüssel wurde dazu ein Maßnahmenbündel zusammengestellt: Recyclingfähigere Produkte sowie höhere Recyclingkapazitäten, verstärkte Getrenntsammlung von Plastikabfällen und ein größerer Absatzmarkt für Rezyklate.
Viel Luft nach oben beim Einsatz von Rezyklaten
Durch eine EU-weite Selbstverpflichtungskampagne können sich die Hersteller freiwillig für die Nutzung von Rezyklaten entscheiden. Auf diese Weise sollen bis 2025 zehn Millionen Tonnen recycelte Kunststoffe in neuen Produkten verwendet werden. Ziemlich optimistisch in Anbetracht der Tatsache, dass selbst Deutschland – weltweit führend beim Einsatz von Rezyklaten – bisher nur 14 Prozent des Rohstoffbedarfs durch Recycling deckt. Da ist noch viel Luft nach oben. REMONDIS plädiert deshalb im Rahmen einer dreiteiligen Initiative für die Schaffung eines Anreizsystems zur Förderung des Einsatzes von Rezyklaten bei der Produktion sowie für bessere Sortier- und Verwertungsqualitäten durch höhere Investitionen.
Chemisches Recycling
Und REMONDIS geht mit gutem Beispiel voran: Eine neue Sortieranlage für Wertstoffe aus dem dualen System sowie die Verwertungsanlage für Polystyrol auf dem Lippewerk sind keine Einzelfälle. Darüber hinaus treibt das Unternehmen Forschung und Entwicklung neuer Verfahren stetig voran, denn insbesondere beim Kunststoff steht noch aus, die Zerlegung der Abfälle in ihre Grundbausteine zu ermöglichen. Eine Lösung wäre das sogenannte chemische Recycling. Durch Depolymerisation können Kunststoffabfälle in Polymere, Monomere oder hochwertige Brennstoffe zerlegt werden und als reine Rohstoffe mit erstklassiger Qualität wiederverwendet werden.
Höhere Recyclingquoten, bessere Sortierung und ein größerer Markt für Rezyklate. Das sind die Stichworte des EU-Kreislaufwirtschaftspakets.
Verbot von zehn Wegwerfprodukten
Mit dem Kreislaufwirtschaftspaket beginnt die Politik in ersten Anläufen mit der Realisierung der an sie gestellten Forderungen. Darauf aufbauend gab die EU-Kommission im Mai das geplante Verbot von zehn Wegwerfprodukten aus Kunststoff bekannt. Zu den scheinbar wahllos ausgesuchten Produkten zählen Einweggeschirr, Plastikstrohhalme, Wattestäbchen und Ballonhalter aus Plastik. Diese Produkte tauchten am häufigsten im Meer auf, ihre Hersteller sollen dementsprechend für Umweltschäden zur Kasse gebeten werden. REMONDIS befürwortet die Anstrengung von EU und Bundesregierung, das Plastikaufkommen in der Welt zu reduzieren, plädiert jedoch für eine Weiterführung sowie Verstärkung dieser vorerst symbolischen Aktivität.
Ökodesignrichtlinie neu definieren
Mehr Investitionen in bessere Sortier- und Verwertungsqualität sowie Forschung und Entwicklung
Anreizsystem für die Industrie
Globale Aufgabe
Zu einer umfassenden Strategie für mehr und besseres Recycling müssen bestehende Strukturen weiter ausgebaut werden – und zwar weit über die EU-Grenzen hinaus. Insbesondere in asiatischen Ländern ist die Schaffung funktionierender Recyclinginfrastrukturen essentiell, um das Aufkommen an Plastikabfall in den Weltmeeren zu reduzieren sowie auch dort eine zukunftsweisende Kreislaufwirtschaftsbranche zu schaffen. Für Mensch, Umwelt, Meer und Klima und nicht zuletzt auch für die Wirtschaft selbst.
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