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18. Januar 2024

Zero Waste Lab

Frankfurts Allianz für Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz

Zahlreiche Städte in Deutschland haben sich bereits auf den Weg gemacht, um eine Zero-Waste-Stadt zu sein. Eine Stadt, die ihre Abfallmengen reduziert und Treibhausgasemissionen senkt, um Klima- und Dekarbonisierungspläne umzusetzen im Sinne der EU-Agenda für die Kreislaufwirtschaft. Im November 2022 war es in Frankfurt am Main so weit: Das Zero Waste Lab kam zu einem Auftakttreffen zusammen. Ein breit aufgestelltes Gremium aus verschiedenen Beteiligten hat sich konstituiert, um als Denkfabrik die Schritte der Entwicklung zur Zero Waste City zu gehen. Die FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH als Akteur der regionalen Wirtschaft saß mit am Tisch, ebenso wie sieben weitere Institutionen. Mittlerweile sind die ersten Ideen von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern eingereicht. Nun geht es um die weitere Umsetzung bereits installierter Abfallvermeidungsprojekte wie #MainBecher und reYOUrS sowie neuer Ideen.

In zwölf Jahren halb so viel Restabfall

Die Ziele, die sich die Stadt Frankfurt gesetzt hat, sind ambitioniert. Doch sie sind durchaus erreichbar angesichts der breiten Allianz aus Institutionen, die sich in Frankfurt zum Zero Waste Lab zusammengefunden haben. Neben der FES und der Stadt Frankfurt sind das die IHK Frankfurt Rhein-Main, die Frankfurt University of Applied Sciences, die Stiftung Polytechnische Gesellschaft, das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), der Ernährungsrat Frankfurt, die GWR gemeinnützige Gesellschaft für Wiederverwendung und Recycling mbH, die Goethe-Universität Frankfurt sowie weitere Mitglieder der Zero-Waste-Szene in Frankfurt. Es sind allesamt Institutionen mit großen Netzwerken, Kontakten und Finanzierungspotenzial.

„Wir wollen Zero Waste City werden“, sagt Frankfurts Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig und nennt konkrete Ziele. „Dafür muss bis 2035 die Menge an Restabfall pro Kopf und Jahr von derzeit 205 Kilogramm auf 120 Kilogramm gesenkt werden. Außerdem wollen wir die Gesamtmenge an Siedlungsabfall pro Kopf und Jahr um jährlich zwei Prozent reduzieren.“ Allerdings ist der Weg zu einer Halbierung von Abfallmengen, den Zero Waste Cities gehen wollen, lang. Immerhin fallen deutschlandweit im Jahr mehr als 40 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle an. Würde dieser Abfall in Sammelfahrzeuge gefüllt, würde ein Lkw-Korso entstehen, der die Erde einmal umrunden würde.

„Wir wollen gemeinsam kreative Potenziale heben, Ideen bündeln, sie bewerten und schließlich Handlungen oder Projekte anschieben, die Frankfurt bei der Erreichung des Ziels helfen.“

Benjamin Scheffler, Geschäftsführer der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH

Was ist Zero Waste?

Zero Waste ist das Erhalten aller Ressourcen durch:

  • eine verantwortungsvolle Produktion
  • bewussten Konsum
  • Wiederverwertung & Rückgewinnung von Rohstoffen und Materialien

Dabei sollen diese weder verbrannt werden noch auf andere Art Schadstoffe freisetzen. Auch die Umwelt (Land, Wasser, Luft) und die menschliche Gesundheit sollen nicht beeinträchtigt werden.

Zero Waste am Main

In zwölf Jahren die Menge an Siedlungsabfall zu halbieren, ist eine Mammutaufgabe, für die es gute Ideen und Konzepte braucht. „Wir wollen gemeinsam kreative Potenziale heben, Ideen bündeln, sie bewerten und schließlich Handlungen oder Projekte anschieben, die Frankfurt bei der Erreichung des Ziels helfen“, erläutert Benjamin Scheffler, Geschäftsführer der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH, die eine koordinierende Funktion im Zero Waste Lab übernommen hat. Diese Führungsrolle hat FES nicht ohne Grund erhalten. Das Unternehmen verfügt inzwischen über zentrale Referenzen und Expertise auf dem Gebiet der praktischen Abfallvermeidung. „Wir können auf mehrere erfolgreiche Großprojekte zurückblicken, etwa die Etablierung des Frankfurter Mehrwegsystems #MainBecher oder reYOUrS, ein Annahme- und Vertriebssystem für noch funktionstüchtige Elektroaltgeräte.“

Zudem bringt FES ein Netzwerk von mehr als 400 ehrenamtlichen Sauberkeitspatinnen und -paten ein. Das sind Frankfurter Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich um einen Straßenabschnitt oder eine Grünfläche kümmern und dort für Sauberkeit sorgen. Das Unternehmen versorgt die Ehrenamtler mit Säcken, Greifzangen und Handschuhen und ist Ansprechpartner. „Unsere Sauberkeitspaten helfen gleichzeitig als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, den Zero-Waste-Gedanken in die Gesellschaft zu tragen“, sagt Flora Matani, Projektleiterin und Koordinatorin des Zero Waste Lab. „Wir machen uns bereits geknüpfte Verbindungen in die Gesellschaft zunutze.“ Diese Verbindung zu den Frankfurterinnen und Frankfurtern werden im Zero Waste Lab nun ergänzt um die Netzwerke alter und neuer Partnerinstitutionen.

zerowaste-lab.de

FES sieht sich in seiner Region seit vielen Jahren als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, Umweltpädagogik, Mehrweg und Abfalltrennung. Im Oktober ging die neue Website zerowaste-lab.de live. „Über unsere Internetseite rufen wir dazu auf, bei uns als Freiwilliger bei bereits laufenden oder neuen Projekten mitzumachen und neue Projektideen einzureichen“, erläutert Matani. Man will Anlaufstelle für alle Interessierten sein und freiwilliges Engagement aktiv fördern.

CO2-Fußabdruck: Steuerungsinstrument für unternehmerischen Klimaschutz

Immer mehr Unternehmen setzen sich konkrete Ziele für eine Klimaneutralität. Ein international anerkannter Standard, um die Treibhausgasemissionen eines Unternehmens zu messen, ist der Corporate Carbon Footprint (CCF) nach dem Greenhouse Gas Protocol (GHG). Dieser CO2-Fußabdruck ist die Grundlage für einen Klimaschutzplan. Er zeigt, wie viele und in welchen Bereichen Treibhausgase in einem Unternehmen verursacht werden. Auf dieser Basis können konkrete Reduktionsziele für den Weg zur Klimaneutralität festgelegt werden. Damit ist der CO2-Fußabdruck mit seiner umfassenden Übersicht der Emissionsbilanz ein zentrales Steuerungsinstrument für den unternehmerischen Klimaschutz.

Gutes Feedback: tolle Idee, erste Erfolge

Seit Oktober 2022 sind bereits zahlreiche Ideen und Vorschläge im Zero Waste Lab eingereicht worden. „Sie reichen von hochtechnischen Ideen zur Metallfilterung in Heizkraftwerken über die Verwendung von Kaffeesatz, die App zum Müllsammeln bis hin zur Förderung des Einsatzes von mehr Stoffwindeln. „Alle eingereichten Ideen werden vom sogenannten Expertboard des Zero Waste Labs geprüft. Ein Votingprozess wählt die Projekte aus, die umgesetzt werden können und sollen. In einem Kick-off-Termin legen wir dann teilnehmende Personen und Institutionen fest und definieren die Methodik“, erläutert Matani. Die ersten Projekte, die jetzt angegangen werden, sind eine Ausstellung zum Thema Reparieren sowie ein digitales Angebot zur spielerischen Teilnahme an der Stadtsauberkeit per App. „Die Ausstellung soll in einem Frankfurter Secondhand-Warenhaus stattfinden. Die Alternative der Reparatur soll im Stadtbild präsenter sein“, erläutert Matani.

Und FES geht noch einen Schritt weiter. Ende 2022 hat sich FES, eine Öffentlich-Private Partnerschaft zwischen der Stadt Frankfurt und dem Recyclingunternehmen REMONDIS, erstmals seinen CO2-Fußabdruck verifizieren lassen, um bei dem Ziel der Stadt Frankfurt mitzuwirken, bis 2035 klimaneutral zu sein. Erstes Fazit: „Die Verifizierung belegt, dass wir schon heute durch die Energieerzeugung auf biogener Basis und klimafreundliche Antriebstechnik einen Teil der Emissionen, die bei der Verbrennung von Siedlungs- und Gewerbeabfall entstehen, ausgleichen können“, sagt FES-Geschäftsführer Dirk Remmert. „Damit sind wir in Teilen bereits gut aufgestellt.“

FES analysiert eigene Emissionsbilanz

Der Verifizierungsprozess zur Erstellung des CO2-Fußbabdrucks ist aufwendig und erfordert eine sorgfältige Datensammlung. „Wir haben uns die Emissionen aller relevanten Unternehmensteile genau angesehen“, berichtet Projektleiterin Svenja Hoffmann. „Dazu gehören unter anderem auch das Müllheizkraftwerk, die Bioabfallbehandlungsanlage, unser Fuhrpark und das Liegenschaftsmanagement.“ Um die Ermittlung der Emissionen zu standardisieren, unterscheidet das Greenhouse Gas Protocol zwischen direkten und indirekten Emissionen. „Unser gemeinsam mit dem Energiedienstleister Mainova betriebenes Müllheizkraftwerk Frankfurt (MHKW) hat über die reine Müllverbrennung hinaus eine herausragende Rolle für Frankfurt und die Region. Hier erzeugen wir Strom und Wärme für die Region, laden E-Busse sowie ab diesem Jahr auch vollelektrisch betriebene Abfallsammelfahrzeuge auf“, sagt Hoffmann. „In dem systemrelevanten Kraftwerk fallen jedoch durch die notwendige und sichere Verbrennung des Hausmülls andererseits die meisten direkten Emissionen an.” Eine Tatsache die sich aktuell noch nicht verhindern lässt. Aber auch diese direkten Emissionen des MHKW können noch sinken. Perspektivisch wird das vom MHKW emittierte CO2 zurückgehen, wenn das Restabfallaufkommen in Frankfurt so stark zurückgeht, wie es sich Stadt Frankfurt und FES auf dem Weg zur „Zero Waste City“ zum Ziel gesetzt haben. Die nächsten Schritte beim CO2-Fußabdruck sind für die FES bereits in Sichtweite: „Im zweiten Durchgang werden wir auch die Emissionen unserer Einkaufsprozesse, Dienstreisen und den im Unternehmen erzeugten Abfall in die Dokumentation aufnehmen“, kündigt Hoffmann an.

Als Mitinitiator des Zero-Waste-Konzepts und Vorreiter bei der Bilanzierung des eigenen CO2-Fußabdrucks geht FES bundesweit als Vorreiter voran. Das Unternehmen zeigt, wie groß das Potenzial eines Betriebs der Recyclingbranche ist, sich maßgeblich in die Etablierung der Kreislaufwirtschaft einzubringen und den Umwelt- und Klimaschutz damit aktiv voranzutreiben.

Zero Waste Cities: Neugestaltung der Beziehung Mensch und Abfall

Zero Waste Cities ist ein Programm von Zero Waste Europe, einem Verbund zu dem auch Zero Waste Germany gehört. Zero Waste Germany repräsentiert und vereint deutsche Städte und Kommunen, die sich öffentlich zum Ziel bekennen, das Abfallaufkommen kontinuierlich zu reduzieren und die Zero-Waste-Philosophie in ihre lokale Abfallwirtschaft zu integrieren. Somit soll die Beziehung zwischen Mensch und Abfall neu gestaltet werden. Ziel des Programms ist es, Gemeinden mit Methoden und Bürgerbeteiligung beim Wandel hin zu Zero Waste zu unterstützen und anzuerkennen. Das Programm richtet sich an Städte und Kommunen jeder Größe und deckt alle Sektoren der Stadt ab wie Stadtverwaltung, Abfallwirtschaft, Bildung, Veranstaltungen, Wirtschaft und Bürgerinitiativen.

Das Greenhouse Gas Protocol

Das Greenhouse Gas Protocol (kurz: GHG Protocol bzw. GHG-Protokoll) stellt ein Werkzeug dar, um die Treibhausgasemissionen für Unternehmen, Institutionen oder sogar Städte und Länder zu berechnen. Für die Berechnung werden Emissionen entlang des gesamten Produktzyklus bzw. entlang des gesamten Tätigkeitsfelds betrachtet – sowohl direkte als auch indirekte Emissionen. Dabei formuliert das Greenhouse Gas Protocol verschiedene Standards zu seinen Handlungsfeldern, um hier konkrete Ansatzpunkte zu schaffen.

„Wir müssen ein Bewusstsein schaffen, dass es um wertvolle Ressourcen geht“

Frankfurts Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig im Interview

RE:VIEWS: Warum ist es wichtig, dass sich Frankfurt auf den Weg zur Zero Waste City gemacht hat?

Rosemarie Heilig: Unser derzeitiger Umgang mit Abfällen ist einfach eine enorme Verschwendung von Ressourcen. Durch schlechte Abfalltrennung wandern derzeit in Frankfurt jedes Jahr rund 100.000 Tonnen Wertstoffe in die Restmülltonne und dadurch in die Verbrennung. Das entspricht dem Gewicht von zehn Eiffeltürmen – jedes Jahr, nur in Frankfurt. Nur mit massiven Anstrengungen an ganz vielen Stellen werden wir hier zu einer echten Kreislaufwirtschaft kommen. Deshalb haben wir den Prozess ,Auf dem Weg zur Zero Waste City` gestartet.

RE:VIEWS: Was gab den Anstoß?

Rosemarie Heilig: Wir haben die Frankfurter Abfallzahlen analysiert und auch über eine Restabfallanalyse die Zusammensetzung des Frankfurter Abfalls untersucht. Dabei kamen wir unter anderem zu den oben genannten Ergebnissen und es wurde klar, dass Nichtstun keine Option war.

RE:VIEWS: Wie ist es gelungen, einen so interdisziplinären Unterstützerkreis ins Boot zu holen?

Rosemarie Heilig: Es gibt in Frankfurt zum Glück bereits seit langem zahlreiche Initiativen und engagierte Einzelpersonen, die sich um die Themen Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit kümmern. Viele davon haben sich auch bereits mehrfach in der Europäischen Woche der Abfallvermeidung engagiert, die durch die FES GmbH koordiniert wird. Das Umweltamt unterstützt ebenfalls seit mehreren Jahren die Aktion Biotonne Deutschland. Wir haben ein breites Netzwerk aus Secondhand- und Unverpacktläden, Repair-Café-Initiativen und Bloggerinnen zum Thema Plastiksparen oder Zero Waste, das wir nutzen können. Zusammengehalten und getragen wird das natürlich durch die Abfallprofis von der FES, dem Umweltamt oder der Gesellschaft für Wiederverwendung und Recycling, die das Elektrogeräterecycling und das Warenhaus Neufundland betreibt.

RE:VIEWS: Was empfehlen Sie Städten, die sich auf den Weg zur Zero Waste City machen wollen?

Rosemarie Heilig: Wichtig ist vor allem eine gründliche Bestandsaufnahme – wo stehen wir, was gibt es schon und worauf können wir aufbauen? Danach kann man die Ziele definieren. Sollte eine Stadt eine Zertifizierung durch Zero Waste Europe anstreben, wie wir dies gerade vorbereiten, empfiehlt es sich, schon frühzeitig Kontakt aufzunehmen. Die Kriterien für eine Zertifizierung können dann bereits frühzeitig in das Zero-Waste-Konzept integriert werden.

RE:VIEWS: Wo erwarten Sie die größten Hürden und Probleme?

Rosemarie Heilig: Am schwierigsten wird es sicherlich, den Menschen in der Stadt deutlich zu machen, dass es nicht egal ist, wie sie mit ihrem Abfall umgehen. Viele machen sich darüber einfach keine Gedanken. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es um wertvolle Ressourcen geht.

RE:VIEWS: Wo finden Sie für sich persönlich Bereiche, um Abfall zu vermeiden?

Rosemarie Heilig: Ich gehe bevorzugt auf Märkten einkaufen und habe immer einen Einkaufskorb dabei. Außerdem verzichte ich auf Produkte, die in Plastik eingeschweißt sind. Nudeln, Reis und Mehl kaufe ich in Unverpacktläden. Das spart jede Menge Verpackungsabfall.

RE:VIEWS: Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Heilig.

Bildnachweise: Bild 1 – 4: Adobe Stock: Ira; Bild 5: Katharina Dubno

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