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BRAND STORY

24. Juni 2024

„Ein Instrument mit komplexen Anforderungen“

Nur etwa die Hälfte der in Verkehr gebrachten Batterien findet ihren Weg in die getrennten Batterie-Sammelsysteme

Gleichzeitig steigt der Anteil der Lithium-Ionen-Batterien am Gesamtaufkommen an Altbatterien. Die Gefahr von Akkubränden in Recycling- und Entsorgungsanlagen durch falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterien wächst. In der UBA-Studie „Prüfung der Einführung einer Pfandpflicht für lithiumhaltige Batterien und Akkumulatoren“ wurde von der cyclos GmbH und der Dr. Brüning Engineering UG geprüft, für welche Batterien eine Pfandpflicht sinnvoll ist – und für welche nicht. Für das Interview standen Dr. Ralf Brüning und Florian Piehl von der Dr. Brüning Engineering UG zur Verfügung.

Herr Dr. Brüning, wäre ein Batteriepfand ein geeignetes Instrument, um die Brandgefahr in Recyclingunternehmen zu reduzieren?

Immer mehr Brände treten in Elektroaltgeräten, Verpackungen, Restabfall/Sperrmüll, Mischschrott, Papier und Alttextilien auf. In Deutschland gibt es annähernd jede Woche in Abfallsammelbehältnissen bzw. beim Abfalltransport – beispielsweise in Erstbehandlungsanlagen für Elektroaltgeräte – ein Brandereignis. Ein Pfand stellt grundsätzlich ein geeignetes Instrument dar, um die Sammelmenge von Altbatterien und Altakkumulatoren zu steigern, eine frühzeitige getrennte Erfassung von Lithium-Ionen-Batterien in erhöhtem Maße sicherzustellen und Brandereignisse entlang der Erfassungs- und Abfallbehandlungskette zu reduzieren.

Allerdings sind dabei technische und organisatorische Anforderungen zu beachten, die in Verbindung mit der zunehmenden Menge an in Verkehr gebrachten lithiumhaltigen (Hochenergie-)Batterien entstehen.

Welche Anforderungen wären das?

Die Komplexität eines vollumfassenden Systems ist in der Organisation und in der operationellen Umsetzung der Rücknahmeprozesse enorm hoch. Batterien müssen entsprechend gekennzeichnet werden, sie benötigen eine Clearingstelle und einen Pfandausgleich, um nur die wichtigsten Anforderungen zu nennen. Hinzu kommt, dass auf bereits in Verkehr gebrachte Batterien oder Produkte, die Batterien enthalten, nachträglich kein Pfand erhoben werden kann.

Ein „einheitliches“ Pfandsystem für alle Arten von Lithium-Ionen-Batterien – also Industrie-, Geräte- und Fahrzeugbatterien – und (Ver-)Bauformen ist aktuell organisatorisch und praktisch nicht umsetzbar.

Dr. Ralf Brüning

Florian Piehl

In welchem Teilsegment des Batteriemarktes wäre es denn sinnvoll, ein Batteriepfand zu erheben, um die Brandgefahr zu reduzieren?

Bei einer Einführung eines Pfandsystems für die Produktgruppen „lithiumhaltige nicht eingebaute Gerätebatterien (lose)“ sowie „Geräte mit eingebauten lithiumhaltigen Gerätebatterien“ wäre die vergleichsweise höchste Lenkungswirkung und somit Reduzierung der Brandgefahr zu erwarten. Im Fall der Geräte mit eingebauten Batterien müssten bei Ausgestaltung eines Pfandsystems auch die rechtlichen Regelungen des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) berücksichtigt und angepasst werden. Gleichzeitig ergäben sich zu erwartende Synergieeffekte: So besteht ein Potenzial, neben der Altbatteriesammelmenge auch die Sammelmenge von Elektroaltgeräten zu steigern.

Ein derartiges Pfandsystem, dem sowohl lose lithiumhaltige als auch eingebaute lithiumhaltige Gerätebatterien unterlägen, wäre in der praktischen Umsetzung komplex. Insbesondere die Pfanderhebung beim Inverkehrbringen, die technische Ausgestaltung der Rücknahme, die praktikabel und verbraucherfreundlich ausgestaltet werden muss, sowie eine Kennzeichnung auf der Batterie und dem Gerät, um als Pfandgut klar identifizierbar zu sein, werden als besonders herausfordernd angesehen.

Bei Pfandsystemen, die nur auf spezifische Produktgruppen begrenzt werden (beispielsweise eingebaute Batterien in Elektrowerkzeugen und ITK-Geräten), bliebe die erzielbare Lenkungswirkung auf die vergleichsweise geringe Menge dieses Teilbereichs beschränkt. Zu erwarten wären in diesem Fall andauernde größere Diffusionen von Lithium-Ionen-Batterien in nicht ordnungsgemäße Abfallströme.

Insgesamt wird ein Pfand auf ausgewählte Lithium-Ionen-Batterien, beispielsweise „lithiumhaltige nicht eingebaute Gerätebatterien (lose)“, „in Elektro(nik)geräte eingebaute lithiumhaltige Gerätebatterien“ und auch haushaltsnahe Industriebatterien, speziell „eingebaute Elektrofahrrad-Batterien / E-Scooter-Batterien, von Endnutzern problemlos entnehmbar“, als vorstellbar angesehen. Eine Einführung von Pfandsystemen in diesen Teilsegmenten könnte hinsichtlich der Zielstellungen – Vermeidung von Diffusion in anderweitige Abfallströme zur Reduzierung von Brandereignissen und Steigerung der Sammelmenge von LIB sowie von EAG, in denen LIB verbaut sind – positive Auswirkungen entfalten und wäre im Ergebnis geeignet, die Projektziele in gewissem Maße zu unterstützen.

„Ein verbessertes Produktdesign von Elektro(nik)geräten könnte beispielsweise dazu beitragen, dass Endnutzer oder entsprechende Dienstleister Lithium-Ionen-Batterien einfach tauschen können.“

Dr. Ralf Brüning, Geschäftsführer Dr. Brüning Engineering UG

Wie hoch müsste ein Pfand sein, um die gewünschte Lenkungswirkung zu entfalten?

Die denkbaren Pfandhöhen orientieren sich an den bereits öffentlich vorgeschlagenen und diskutierten Pfandhöhen (siehe Tabelle), die in Bezug auf die Produktkosten als vorstellbar angesehen werden. Für kleine bis mittelgroße lose Gerätebatterien bildet die denkbare Pfandhöhe einen relevanten Anteil der Batteriekosten ab und liegt höher als der materielle Wert, den die Altbatterie noch hat. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass – vergleichbar mit dem Flaschenpfand – eine erhöhte Rückführung zu erwarten ist. Neben der Pfandhöhe ist für dieses Cluster besonders die Erreichbarkeit der Rückgabemöglichkeit und einfache Umsetzung der Rückgabe durch Verbraucherinnen und Verbraucher das entscheidende Merkmal bezüglich der Lenkungswirkung.

Für alle anderen Cluster, die höherpreisige Lithium-Ionen-Batterien repräsentieren, orientiert sich die mögliche Pfandhöhe umgekehrt an einer zumutbaren Belastung durch Verbraucherinnen und Verbraucher in Relation zu den Elektro(nik)geräten, in deren Kontext diese Lithium-Ionen-Batterien erworben werden. Insofern stellt die Empfehlung dieser Pfandhöhen einen ökonomischen Kompromiss dar, bei dem man davon ausgeht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihn weitestgehend tragen können.

Welche Lithium-Ionen-Akkus benötigen kein Pfand?

Für „eingebaute Traktionsbatterien für Elektro- und Hybridfahrzeuge“, „eingebaute sonstige Traktionsbatterien / FFZ“ und „Energiespeichersysteme“ wurde kein gesondertes Lenkungsbedürfnis festgestellt. Sowohl der Erwerb als auch die Entsorgung sind vorgezeichnet, da die Batterie mit dem Fahrzeug erworben oder geleast wird. Der Austausch erfolgt nahezu ausschließlich über Fachwerkwerkstätten, gegebenenfalls via Marke und/oder Vertreiber. Bei einem Pfandsystem für diese Cluster wäre daher keine erhöhte Lenkungswirkung zu erwarten.

Welche Alternativen zum Batteriepfand sehen Sie, um die Sammelquote zu erhöhen und die Brandgefahr für die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft zu minimieren?

Viele Maßnahmen können dazu beitragen, die Sammelquoten zu verbessern und die Brandgefahr zu minimieren. Ein verbessertes Produktdesign von Elektro(nik)geräten könnte beispielsweise dazu beitragen, dass Endnutzer oder entsprechende Dienstleister Lithium-Ionen-Batterien einfach tauschen können. Auch die Batterien selbst könnten in Bezug auf die Sicherheit weiterentwickelt werden, beispielsweise durch nicht entflammbare, thermisch stabile Elektrolyte oder Kathoden. Die europäische Batterieverordnung könnte in diese Richtung weiterentwickelt werden und entsprechende Mindestanforderungen definieren. Denkbar wäre auch eine getrennte Erfassung von Elektroaltgeräten, die Lithium-Ionen-Batterien enthalten.

Wichtig ist es darüber hinaus, die Akteure entlang der Entsorgungskette von Batterien, Elektroaltgeräten und anderen Abfallströmen über die Gefahren aufzuklären und für das Thema zu sensibilisieren. Dazu zählen insbesondere die Verbraucherinnen und Verbraucher, das Personal an den Sammel- und Rücknahmestellen – also beispielsweise im Handel – sowie das Personal in Abfallsortier- und -behandlungsanlagen.

Die vollständige Studie finden Sie hier

Quelle: Umweltbundesamt

Bildnachweise: Bild 1: Shutterstock: DestinaDesign, Shutterstock: ValdekS, Shutterstock: paperbees; Bild 2, 3: © Dr. Brüning Engineering UG; Bild 4: Shutterstock: DestinaDesign

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