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19. Juni 2024

Ein zweites Leben für Batterien

Es hängt von vielen Parametern ab, wie lange eine Batterie hält

Aber generell ist bei den leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterien von Elektroautos nach etwa 500 bis 1.000 Ladezyklen Schluss – zumindest wenn es um die satte Beschleunigung an der Ampel geht. Trotzdem ist die Batterie bzw. das Batteriepaket dann noch nicht nutzlos und der Weg ins Recycling damit nicht ohne Alternativen. Hinzu kommt, dass bei größeren Batterien die Wiederverwendung mit Blick auf Nachhaltigkeitsbilanz und Wirtschaftlichkeit ein unverzichtbarer Baustein der Elektromobilität ist.

Generell ist bei den leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterien von Elektroautos nach etwa 500 bis 1.000 Ladezyklen Schluss – zumindest wenn es um die satte Beschleunigung an der Ampel geht.

Technische Herausforderungen

Es ist nicht so einfach, die Frage zu beantworten, ob eine Autobatterie noch weitergenutzt werden kann. Die schweizerische REMONDIS-Tochter Chiresa, die seit 2023 eine Rückbaulinie für Batterien besitzt, nennt als Daumenregel eine Kapazität von über 80 Prozent als Voraussetzung für eine neue Verwendung. In der Praxis wirft man in den zwei Zerlegungszentren, die BLC – The Battery Lifecycle Company in Deutschland betreibt, erst einmal einen Blick auf das Gehäuse und misst die Temperatur, bevor auch nur eine Schraube gelöst wird. Gibt es keine Anzeichen für Schäden, beginnt man bei BLC mit der Zerlegung der Batterie und entscheidet schrittweise, ob man etwa nach dem Abbau der peripheren Komponenten aufhört oder sich weiter zu den eigentlichen Batterieelementen vorarbeitet.

Geht auf dem Weg an einer bestimmten Stelle der Daumen runter, wird eine Tiefenentladung vorgenommen, die dauerhafte Zerstörung der Batterie, die dann nicht mehr aufgeladen werden kann. Von einer solchen Batterie geht keine Gefahr mehr aus, bedeuten doch die bis 800 Volt Spannung ansonsten bei jedem Handgriff Lebensgefahr. Die weiteren Demontageschritte können unter vereinfachten Bedingungen vorgenommen werden. Auch ein Weitertransport per Lkw unterliegt geringeren Sicherheitsanforderungen als bei funktionsfähigen Batteriepaketen.

„Mit dem Hochlaufen der Zahl der Elektrofahrzeuge werden mit wenigen Jahren Verzug auch die Wiederverwertungskapazitäten mitwachsen müssen.“

Lukas Brandl, Geschäftsführer BLC

Eine besondere Herausforderung bei der Zerlegung sind die schnelle Entwicklung des Batteriemarktes und der Zukauf von Komponenten. Deren genauer Aufbau ist zunächst oft nicht klar. Matthias Illing, Geschäftsführer bei BLC, berichtet: „Für eine gefahrlose und mit Blick auf das Recycling effektive Zerlegung einer Batterie müssen wir den Aufbau der Batterieelemente und die Zellchemie genau verstehen. Dazu braucht es bei uns viel Erfahrung, aber auch den gegenseitigen Austausch mit unseren Kunden, die entsprechende Dokumentationen für ihre Abnehmer erstellen müssen.“

Technisch stellt der Zerlegungsprozess eine große Herausforderung dar, denn die Mitarbeiter müssen eine Qualifizierung für Hochvolt-Stufe 3 vorweisen. In der Regel werden deshalb ausgebildete Elektriker eingesetzt. Bei BLC arbeitet man außerdem an der Automatisierung der Demontage und Weiterverwertung. War die erste Demontageeinrichtung in Rheda-Wiedenbrück mit einer Jahreskapazität von 5.000 Batterien noch weitgehend von Handarbeit geprägt, geht man in Magdeburg erste Schritte zur Automatisierung etwa bei der Tiefenentladung, um die anvisierte Jahreskapazität von 30.000 Einheiten zu erreichen. Lukas Brandl, Geschäftsführer von BLC, betont: „Mit dem Hochlaufen der Zahl der Elektrofahrzeuge werden mit wenigen Jahren Verzug auch die Wiederverwertungskapazitäten mitwachsen müssen. Nur mit Hilfe von Automatisierung werden wir die Nachfrage decken können.“

Rhenus und TSR gründen Joint Venture

Rhenus Automotive SE und die TSR Automotive GmbH – beides Unternehmen der RETHMANN-Gruppe – haben die Gesellschaft The Battery Lifecycle Company GmbH (BLC) gegründet. Mit dem Ziel, ein ganzheitliches Batterierecycling entlang der gesamten Wertschöpfungskette anzubieten, wird BLC alle Aufbereitungsschritte von der Erstprüfung über die Tiefenentladung bis zur Reparatur und Demontage der vorwiegend aus der Automobilindustrie stammenden Lithium-Ionen-Batterien übernehmen.

Die TSR Automotive GmbH – eine Tochtergesellschaft von TSR Recycling – hält als Gesellschafterin 65 Prozent des Joint Ventures und wird das neue Unternehmen operativ führen. Rhenus Automotive SE – eine Tochtergesellschaft der Rhenus-Gruppe – hält 35 Prozent.

Weiterverwertungsalternativen

Bei BLC, einem Joint Venture zwischen TSR Automotive und Rhenus Automotive, beide Teil der RETHMANN-Gruppe, glaubt man an einen integrierten Ansatz. Das spiegelt sich auch bei den Partnern wider: Kommt TSR Automotive aus der Wiederverwertung und dem Recycling von Kraftfahrzeugen, agiert Rhenus Automotive als Montageunternehmen für Teile der Automobilindustrie. Dabei verbindet man das Konzept „Wer zusammenbaut, kann auch wieder demontieren“ mit den Erfahrungen aus der Verwertung von gebrauchten Kfz. Gleich vier Optionen haben die Experten bei BLC für gebrauchte E-Auto-Batterien identifiziert:

Reparatur/Re-Manufacturing:
Die Batterie wird dabei so weit demontiert, dass man fehlerhafte Batterieelemente austauscht und die so runderneuerte Batterie wieder in ein Elektroauto verbaut. Herausforderung hier ist, dass eine hinreichende Anzahl baugleicher Batterien vorhanden sein muss.

Neues Einsatzfeld (Second Life):
Die gebrauchte Kfz-Batterie ist intakt und bekommt als komplette Einheit eine neue Nutzung. Paradebeispiel dafür sind Batterie-Energiespeichersysteme (BESS). Solche Systeme gibt es etwa bei Solar- und Windkraftanlagen schon länger, doch der Einsatz gebrauchter Einheiten statt der Neuproduktion ist ein klarer Trend.

Ersatzteilgewinnung:
Die Batterie selbst ist nicht mehr einsetzbar, aber periphere Bauteile wie Steuerungsmodule und Kabelbäume können – insbesondere als Ersatzteile – wiederverwertet werden.

Recycling:
Die Batterie wird zerlegt und verbaute Rohstoffe wie Kupfer und Aluminium werden zurückgewonnen.

Aktuell werden am Markt viele Insellösungen entwickelt. Das führt aber automatisch zu zusätzlichem Transportaufwand, wenn etwa der Anbieter von Second-Life-Lösungen feststellt, dass die angelieferte Batterie für ihn ungeeignet ist, und dann wieder auf die Straße muss. Andererseits sind Fehlallokationen kaum zu vermeiden:

Welches Interesse hätte ein Anbieter in der Ersatzteilgewinnung an der Reparatur einer eigentlich intakten Batterie? Deshalb arbeitet man bei BLC an einem integrierten Ansatz, treibt die Automatisierung voran, sammelt Erfahrungen und denkt schon über weitere Demontagestandorte nach.

Bildnachweise: Bild 1, 2: Shutterstock: IM Imagery

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