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BRAND STORY

19. Juni 2024

Powerpack mit Nebenwirkung

Werden Batterien und insbesondere Lithium-Ionen-Akkus falsch entsorgt, droht den Mitarbeitern in Recyclinganlagen Gefahr für Leib und Leben. Mit Hightech und Ausbildung minimiert REMONDIS die Gefahr von Akkubränden im Lippewerk in Lünen. Doch das Problem wird dadurch nicht gelöst.

Die Box ist schwerer, als sie aussieht. Neun Kilogramm wiegt die Truhe mit einem Nutzvolumen von 35 Litern, in der Lithium-Ionen-Akkus wie in einem Hochsicherheitstrakt aufbewahrt werden können. Die REMONDIS-Tochter RETRON hat die Behälter entwickelt. Sie können hohe Temperaturen aushalten, um Menschen und Unternehmen vor Akkubränden zu schützen.

Im REMONDIS-Stammwerk im westfälischen Lünen nutzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Boxen unter anderem im Bereich des Recyclings von Elektrokleingeräten. „Wir wissen nicht, ob beispielsweise ein Handy schon einmal heruntergefallen und der Akku defekt ist oder ob der Akku eines E-Bikes noch in Ordnung ist“, sagt Daniel Müller, stellvertretender Leiter der Werkfeuerwehr im Lippewerk bei REMONDIS in Lünen.

Wird der Separator beschädigt, der die Kathode von der Anode trennt, wird die im Akku enthaltene Energie unkontrolliert freigesetzt. Das Tückische daran ist, dass selbst Experten einem Akku nicht unbedingt ansehen, dass er defekt ist. Denn der Prozess im Inneren der Batterie läuft äußerlich zunächst unbemerkt ab. Langsam heizt sich der Akku auf, der Elektrolyt wird zersetzt, noch mehr Energie wird frei und der Sauerstoff aus der Kathode sorgt letztlich für eine sehr heiße Stichflamme oder eine Explosion des Akkus.

„Thermal runaway“ nennen Experten diese Dynamik. „Wenn ein Handy brennt, schmeißt man es am besten in einen Eimer Wasser und lässt es dort drin“, sagt Müller. Denn wenn der Akku noch Energie enthält, kann der Prozess nach dem Löschen von vorne beginnen. „Dann kann es sein, dass der Akku erneut brennt.“

Oft landen Batterien und Akkumulatoren in Sammelsystemen, die dafür nicht vorgesehen sind.

Chronisch niedrige Sammelquote birgt Gefahren im Zeitalter von Lithium-Ionen-Akkus

In der Aufbereitung von Elektroaltgeräten bei REMONDIS in Lünen ist das Risiko dank der RETRON-Boxen recht gut händelbar. Schwieriger wird es bei gemischten Abfallströmen, wie beispielsweise Gewerbeabfällen, die ebenfalls in Lünen sortiert und behandelt werden. Nur etwa jede zweite Batterie in Deutschland wird im Rahmen der getrennten Sammlung erfasst, obwohl die Getrennthaltung bereits seit 1998 Pflicht ist. Im Zeitalter von Lithium-Ionen-Akkus bedeutet die chronisch niedrige Erfassungsquote nicht nur eine Belastung für die Umwelt und einen Verlust von Rohstoffen, sondern auch eine Gefahr für Leib und Leben.

Oft landen Batterien und Akkumulatoren in Sammelsystemen, die dafür nicht vorgesehen sind, beispielsweise in Containern für gemischten Gewerbeabfall. Die Aufbereitung dieses Abfallgemischs ist brandgefährlich: Denn bevor das Material bestmöglich verwertet werden kann, wird es zunächst geschreddert, um anschließend sortiert werden zu können. Gerät ein Lithium-Ionen-Akku in den Schredder und wird beschädigt, kann das verheerende Folgen haben.

Das kommt öfter vor, als man denkt. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) schätzt, dass bundesweit jeden Tag 30 Brände bei Recyclern in Deutschland ausbrechen. Oft sind falsch entsorgte Lithium-Ionen-Akkus schuld. Die meisten Fälle sind harmlos – Gott sei Dank –, doch in zwei Fällen täglich muss die Feuerwehr ausrücken.

Auch in Lünen ist die Werkfeuerwehr von REMONDIS oft gefragt. 70 bis 80 Brandereignisse pro Jahr gibt es allein im Stammwerk von REMONDIS in Lünen – ein- bis zweimal pro Woche lodert es irgendwo im Lippewerk. Die meisten Ereignisse sind harmlos, auch aufgrund der vorausschauenden Brandschutzmaßnahmen.

70 bis 80 Brandereignisse pro Jahr gibt es allein im Stammwerk von REMONDIS in Lünen.

Technik und Ausbildung schützen Werk und Mitarbeiter

Um Mitarbeiter und Anlagen zu schützen, setzt die Werkfeuerwehr unter anderem auf Systeme zur Brandfrüherkennung. Das Lager für den unsortierten Gewerbeabfall wird beispielsweise von einem ausgeklügelten System, bestehend aus Wärmebildkameras und Wasserwerfern, gesichert. Erkennt eine der Wärmebildkameras einen Brandherd, schlägt das System Alarm. Dann fahren die Wasserwerfer selbstständig zum Brandherd und versuchen, mit 2.500 Litern Wasser pro Minute das Feuer im Keim zu ersticken. Im besten Fall muss die Werkfeuerwehr dann nur noch zur Kontrolle vorbeifahren.

„Unser Ziel ist es, jeden Mitarbeiter im REMONDIS Lippewerk zum Brandschutzhelfer auszubilden.“

Daniel Müller, stellvertretender Leiter der Werkfeuerwehr im Lippewerk

Ein wichtiger Punkt ist geschultes Personal. „Unser Ziel ist es, jeden Mitarbeiter im REMONDIS Lippewerk zum Brandschutzhelfer auszubilden.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lernen dabei den Umgang mit der Brandschutzausrüstung und wissen im konkreten Fall genau, was zu tun ist – und wann es Zeit wird, sich selbst in Sicherheit zu bringen.

Schutzsysteme und Ausbildung sind wichtig, doch sie lösen das Problem nicht. Um das Übel an der Wurzel zu packen, muss die Sammelquote bei Batterien im Allgemeinen und Lithium-Ionen-Akkus im Besonderen deutlich gesteigert werden. „Das Problem ist, dass die Batterien nicht getrennt entsorgt werden“, sagt Müller. In der getrennten Sammlung geht von den kleinen Energiespeichern nur eine geringe Gefahr aus – insbesondere wenn die Akkus in RETRON-Boxen gelagert werden.

Bildnachweise: Bild 1: Shutterstock: Fast_Cyclone; Bild 2: Shutterstock: DestinaDesign

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